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Kurz gefragt Gábor Boldoczki

„Ich will ein Sänger auf der Trompete sein“

Gábor Boldoczki, der legitime Nachfolger der Trompetenlegende Maurice André, will mehr als strahlende Töne. Hier spricht er über …

vonPeter Krause,

… reine Schönheit

Da gibt es zunächst die originale Literatur für mein Instrument, die ist ganz pur, es geht um die Zeremonie, das Festliche und Feierliche. Das mag etwas mit reiner Schönheit zu tun haben. Aber dann entstand nach der Naturtrompete die Möglichkeit, chromatisch spielen zu können. Nun geht es darum, nicht nur Glück und Freude auszustrahlen, sondern auch mit melancholischen Farben zu malen. Ich mag die große Palette der Trompeten-Dramaturgie. Ich brauche die Abwechslung.

… Singen auf der Trompete

Das ist der Traum, das Ideal, das ich anstrebe. Ich will ein Sänger auf der Trompete sein. Man soll dabei am besten vergessen, welches Instrument ich eigentlich spiele. Da begegnen sich die Musik und die Person, das Instrument ist nur ein Vermittler.

… den eigenen Ton

Der Ton muss ehrlich sein. Da steht schließlich ein Mensch auf der Bühne. Vorher singe ich übrigens sehr viel. Die Lippen können ja nicht unendlich lang spielen. Singen ist die natürlichste Form des Musizierens und die Voraussetzung für das Trompetenspiel. Das harmonische Zusammenwirken von Zunge, Artikulation, Luftgeschwindigkeit und Muskelspannung, Lungen- und Kopfresonanz in Verbindung mit der richtigen Portion Glück machen das Singen wie das Trompetespielen aus. Und: der Hals muss wie beim Singen offen sein. Die Luft kommt heraus und alles entsteht ganz natürlich. So ist dann auch mein eigener Ton entstanden: beim Singen meiner Stücke. Ich hoffe, dass mein Ton wie der eines guten Sängers abwechslungsreich ist, also den schnellen Wechseln der Emotion folgt.

… Zirkularatmung

Ich beherrsche sie nicht. Die Musik atmet ja immer – auch wenn die Luft schon mal knapp werden kann. Insofern habe ich mich nie so stark mit dem Thema beschäftigt. (Er macht vor, wie das gleichzeitige Ein- und Ausatmen dennoch funktioniert und lacht.) 

… ungarische Volksmusik

Wir Ungarn sind ein musikalisches Volk. Wir können große Trauer tragen und ganz groß feiern – ungarisches Temperament! Die Menschen singen dabei sehr gern. Das Laienmusizieren hat immer noch einen hohen Stellenwert. Ich denke da an meine Großmutter und die Zeiten, als es noch keinen Fernseher gab. Und zumal in Komponisten wie Kodály und Bartók ist die ausgeprägte Nähe von Volks- und Kunstmusik ja sehr präsent.

… Vorbilder

Maurice André bleibt die Trompetenlegende mit diesem unglaublichen Charisma. Ansonsten zählt die Vielzahl der Einflüsse durch jeden guten Musiker, der mir auf meinen Reisen begegnet. Gidon Kremer hat mich fasziniert. Mit Martin Grubinger werde ich bald zusammenarbeiten. Es geht mir überhaupt darum, dass immer wieder neue Werke in spannenden Konstellationen entstehen. Krzysztof Penderecki komponiert gerade ein Trompetenkonzert für mich.

… Tanzen

Das ist mein großes Hobby. Da kann ich abschalten. Ohne Instrument und ohne Wörter Emotionen auszudrücken, ist gut für den Körper und für den Kopf. Beim Tanzen strahlen wir aus, was in uns steckt. 

… weibliche Konkurrenz

Das ist doch wunderschön, dass es sie gibt. Ich würde sie nicht Konkurrenz nennen. Wobei letztlich ja alle Musiker Konkurrenten sind. Ich erlebe das Verhältnis allerdings ganz anders. Sergei Nakariakov ist ein sehr guter Freund von mir. Auch von ihm habe ich viel gelernt. Nun kommen hübsche Frauen hinzu. Bestimmt ergibt sich mal die Gelegenheit, gemeinsam aufzutreten. 

… Vibrato

Als Solist ist mir ein gewisses Vibrato erlaubt, als Ensemblemitglied nicht. Aber als Trompeter benötige ich es eigentlich nicht oder nur wenig. Es kann da so eine natürliche Bewegung im Ton geben, die man aber kaum als Vibrato wahrnehmen sollte.

… Politik in Ungarn

Wir hatten 40 Jahre Kommunismus, nun geht es bei allen Schwierigkeiten, die ich durchaus sehe, aufwärts. Zum Glück geht es der Kultur gut: Wir haben in Budapest vier Konzerthäuser, eine neues wurde erst vor sieben Jahren gebaut.

… Träume

Ich bin sehr zufrieden und freue mich auf jeden neuen Tag. Die Carnegie Hall allerdings wäre so ein Traum. Die USA gilt es noch zu entdecken. Eines Tages klappt auch das!

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