Welch Ironie: In München liegen die Wurzeln der Bachwoche Ansbach: Im Jahre 1947 hatte dort eine Gruppe von Musikern die Idee, die Weltkriegs-Traumata in der Bevölkerung mit Musik von Bach zu kurieren. Das passende Fleckchen Erde für die einwöchige Konzertreihe fand sich indes in Ansbach: War doch das beschauliche und äußerst malerische, mittelfränkische Städtchen vom Krieg weitgehend verschont geblieben.
Doch wie so oft kam mit dem wachsenden Erfolg des Festivals unter der Federführung Karl Richters schon bald der Sinn fürs Große, und so wollte mancher in den 50er Jahren die Bachwoche in die Landeshauptstadt verlagern, um dem Festival einen mondänen Anstrich zu verleihen. Indes: Der Verein der Freunde der Bachwoche zog nicht mit – und so durften und dürfen Bachspezialisten und Weltstars wie John Eliot Gardiner, Ton Koopman oder Martin Stadtfeld bis heute den gemeinhin unterschätzten Reiz der fränkischen Peripherie kennenlernen.
Schon die beschaulichen Spielorte lohnen den Besuch des Festivals. Zugleich liefern sie die besten Gründe dafür, warum die Kompositionswelten des Thomaskantors so gut hierher passen, obgleich Bach selbst nie in Ansbach gewirkt hat: Sankt Gumbertus etwa beherbergt eine Barockorgel aus der Zeit des Komponisten; und die Residenz mit ihrer prachtvollen Orangerie und barocken Gartenanlage wurde just erbaut, als Bach gerade in Leipzig wirkte.
Bachs Schaffen in neuem Licht
Natürlich stehen auch Werke anderer Komponisten aus sämtlichen Epochen auf dem Spielplan, doch stets wird dabei die Verbindung zu Bach gewahrt. Und ein zentrales Werk des Namensgebers fehlt natürlich auch in diesem Jahr nicht: Hat es doch mittlerweile schon Tradition, dass die Veranstalter im Hochsommer das Weihnachtsoratorium erklingen lassen! Was keineswegs deplatziert ist: Haben die sechs Kantaten doch einen gänzlich weltlichen Ursprung als Huldigungskantaten für das sächsische Kurfürstenhaus. So lässt sich hier im sommerlich-weltlichen Rahmen Ansbachs das Oratorium mit ganz anderen Ohren hören. Und unterstreicht einmal mehr den Ansatz, der auch sonst zum Markenzeichen des alle zwei Jahre stattfindenden Festivals geworden ist: den Komponisten und sein Schaffen in ein neues Licht zu rücken.
Die Festivaldaten im Überblick:
Zeitraum: 31.7. – 9.8.2015
Ort: Ansbach
Künstler: Concerto Köln, Evgeni Koroliov, Windsbacher Knabenchor, Arabella Steinbacher, Khatia Buniatishvili, Tabea Zimmermann u. a.