Eigentlich heißt sie Hildegard. Hildegard Perl. Wurde 1965 in Bremen geboren und ist nicht weit gekommen. Lebt heute auf einem Bauernhof in der Wildeshauser Geest, zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter, ein paar Pferden, Hühnern, Katzen, Kaninchen.
Als Künstlerin nennt sie sich Hille. Und die ist weit gekommen. Auch weit herumgekommen. Das verdankt sie einem Instrument, das die Wenigsten wirklich kennen. Der Viola da Gamba, meist einfach Gambe genannt. Ein Streichinstrument mit fünf bis sieben Saiten, das im 15. Jahrhundert entstand und im 18. Jahrhundert mit dem aufkommen der Geigenfamilie in Vergessenheit geriet. Fast. Zum Glück nur fast, denn mit dem Erstarken der historischen Aufführungspraxis besann man sich auch wieder auf die Gambe. Ein Pionier dieser Bewegung war es denn auch, der Hille Perl inspirierte: Mit fünf Jahren besuchte sie ein Konzert von Wieland Kuijken und wusste danach ihrem zarten Alter zum Trotz ganz genau, welchem Instrument sie ihr Leben widmen wollte. Sie zog es durch, fuhr extra nach Berlin, um dort Untericht zu nehmen, studierte dann in Hamburg bei Ingrid Stampa und in Bremen bei Jaap Ter Linden. Heute unterrichtet sie selbst in ihrer Geburtsstadt: An der dortigen Hochschule für Künste bekleidet sie seit 2002 die einzige deutsche Professur für Viola da Gamba. „Hier verrate ich alle mir bekannten Tricks und Geheimnisse“, sagt sie. „Hier lerne ich von meinen Studenten die Tugenden der Güte und Geduld, der Großzügigkeit und überhaupt, dass ich einfach besser sein muss, wenn ich eine bessere Welt möchte.“
Hille Perls eigenes künstlerisches Wirken dokumentiert sich nicht nur in einer weltweiten Konzerttätigkeit, sondern seit 1997 auch in regelmäßigen Einspielungen. Gleich am Anfang stand dabei die Beschäftigung mit den unangefochtenen Hauptwerken der Gambenliteratur, den drei Sonaten von Johann Sebastian Bach, die sie gemeinsam mit dem Cembalisten Michael Behringer aufnahm. Andere Duopartner sind ihre „Gambenschwester“ Friederike Heumann und vor allem und immer wieder ihr Mann, der Lautenist Lee Santana. Durch die Geigerin Petra Müllejans zum Trio erweitert, nennen Perl und Santana sich „The Age of Passions“. Ein anderes Trioprojekt der beiden ist „Los Otros“ mit dem Gitarristen Steve Player. Mit ihm wollen sie „die Verbindung von Musik und Tanz auf die Bühne bringen“ und „Improvisationsgrenzen austesten und überschreiten, auf wissenschaftliche und lustorientierte Weise“.
Und dann sind da noch „The Sirius Viols“, ein Ensemble, das nur aus Gamben besteht und gelegentlich durch andere Instrumente oder Gesang ergänzt wird. Sein Repertoire „beschränkt sich“, so Hille Perl ironisch, „auf Literatur, die für Gamben und deren spezifisches Flair geeignet erscheint, also quasi den Großteil der Weltliteratur“. Eine erste Platte war John Dowland gewidmet. Nun folgt eine Scheibe mit Weihnachtsmusik, eine „Suche nach Ruhe in diesen hektischen zeiten“ mit dem Titel „Verleih uns Frieden gnädiglich“. Mit diesem Programm gastieren die Sirius Viols nun in der Sophienkirche.