Bach, Beethoven und Brahms waren der Grundstock ihrer musikalischen Ausbildung. Doch als Studentin entdeckte sie Ende der 50er-Jahre Schönberg und begeisterte sich von da an für die Neue Musik. Diese Begeisterung wollte Rita Jans in ihren 1986 gegründeten Internationalen Weingartener Tagen für Neue Musik weitergeben, einem Festival, das so in seiner Form einzigartig ist. Am 2. April ist die Pianistin im Alter von 85 Jahren verstorben.
Schlüsselerlebnisse mit Webern und Stockhausen
Ein Schlüsselwerk in ihrem Leben war Anton Weberns op. 27, das sie einst als „unglaublich starkes physisches Erlebnis“ beschrieb und das ihr Leben verändern sollte, sie fast schon in eine Sinnkrise stürzte – bis sie Karl-Heinz Stockhausen kennenlernte, mit dem sie bis zu seinem Tod in engem Kontakt blieb. Sein achtes Klavierstück war für sie eine erneute Offenbarung.
Nach ihrem Studium bei Lilli Kröber-Asche in Stuttgart und Trossingen hat die Pianistin Neue Musik auch in eigenen Konzerten aufgeführt. Niemand hätte Rita Jans Musik je erklären müssen, stets sei sie ihr einfach zugeflogen. Dabei lag ihr persönlich die Vermittlung von Musik immer besonders am Herzen. Als Professorin an der Pädagogischen Hochschule Weingarten pflegte sie stets ein enges Verhältnis zu ihren Studierenden.
Einzigartiges Komponistenporträt in Weingarten
Neue Musik müsse man live hören, davon war sie überzeugt. Ein Hauptanliegen von ihr war es, Neue Musik einem größeren Publikum zu vermitteln. Das war sicherlich auch mit ein Grund, die Internationalen Weingartener Tage für Neue Musik 1986 ins Leben zu rufen. Dabei spielte der Zufall eine entscheidende Rolle: In München traf sie bei einem Konzert auf den berühmt-berüchtigten Musikkritiker Heinz-Klaus Metzger, mit dem sie über die Neue Musik schnell ins Gespräch kam. Bald hatten sie ein Konzept für die Weingartener Tage ausgearbeitet, das bis heute erhalten geblieben ist: Im Mittelpunkt des dreitägigen Festivals steht ein zeitgenössischer Komponist, der während der gesamten Zeit anwesend ist und dessen Werke an diesem Wochenende interpretiert und erklärt werden. Keine Zeitströmungen oder Innovationen, wie etwa in Donaueschingen sollen präsentiert werden, sondern ein Querschnitt des gesamten Schaffens eines Komponisten, der damit ausgiebig porträtiert werden sollte.
Georg Friedrich Haas, dem die 20. Musiktage 2006 gewidmet waren, schrieb in seinem Brief an Rita Jans: „Ich bewundere Ihren Mut, drei Tage mit der Musik nur eines einzigen Komponisten zu bestreiten – womit sie mir einerseits den Traum erfüllen konnten, monomanisch nur von den eigenen Klängen umgeben zu sein, aber andrerseits mich zwangen, die Bandbreite der von mir verwendeten kompositionstechnischen Mittel in schonungsloser Offenheit darzulegen.“ Und dieser schonungslosen Offenheit haben sich in 30 Jahre viele weitere Komponisten gestellt, wie etwa John Cage, Helmut Lachenmann, Karlheinz Stockhausen, Wolfgang Rihm, Mauricio Kagel, György Kurtág oder Sofia Gubaidulina.
Beste Adresse für Neue Musik
Rita Jans konnte viele Zweifler davon überzeugen, dass es möglich ist, im oberschwäbischen Weingarten ein hochkarätiges, qualitativ anspruchsvolles und weit über die Landesgrenzen hinaus anerkanntes Festival für Neue Musik zu etablieren. Das bestätigte auch der Musikpublizist Reinhard Schulz: „Weingarten […] ist in Deutschland immer noch erste Adresse, wenn man einen Komponisten gründlich und perspektivenreich kennen lernen will.“
Ohne die treibende Kraft von Rita Jans wäre das alles nicht möglich gewesen. Mit ihrer Beharrlichkeit, Fachkompetenz und Begeisterung hat sie ein einmaliges Festival geschaffen, dessen Zukunft nun ungewiss ist. Bleibt zu hoffen, dass sich bald eine neue treibende Kraft findet, die Rita Jans’ Vermächtnis in die Zukunft tragen wird.