Obwohl die Harfe das symbolträchtige Instrument für Minnesänger ist, wollte Wagner in seinen „Meistersingern“ Sixtus Beckmesser während dessen Werbelieds ganz bewusst mit einer Laute auftreten lassen, die den singenden und schmachtenden Liebhaber veranschaulichen sollte. Im 19. Jahrhundert war die Laute als Bühneninstrument zwar schon wieder aus der Mode gekommen und wurde dementsprechend oft gegen eine Gitarre ersetzt, aber zum historischen Meistersinger-Sujet passte sie ideal.
Das Problem daran war nur, dass eine reale Laute viel zu leise für ein Opernhaus war. Bereits zu Wagners Zeit war es üblich, auf der Bühne verwendete Instrumente von Musikern im Orchestergraben beziehungsweise von der Seitengasse aus „synchronisieren“ zu lassen. Doch der vom Orchester nachgeahmte Lautenklang war Wagner nicht realistisch genug. Auch den Klangersatz durch eine Gitarre befürwortete Richard Wagner nicht, wie seine Frau Cosima in ihrem Tagebuch schrieb: „Kein Wort des Textes zu verstehen, das Nachtwächter-Horn durch eine Posaune, die Laute durch eine Guitarre! Das erheitert R. eben nicht.“
Wagners kleine Stahlharfe
Eine ganz normale Orchesterharfe als Ersatz entsprach aber auch nicht Wagners Klangvorstellung von der Laute, die Sixtus Beckmesser auf der Bühne spielen sollte. Also ließ er kurzerhand ein neues Instrument für seine Oper konstruieren, nämlich „eine kleine Stahlharfe von meiner Erfindung“, wie Richard Wagner Karl Eckert im März 1870 schrieb.
Bei der heute so genannten Beckmesser-Harfe handelt es sich um eine kleine, auf einem Sockel stehende Rahmenharfe mit Stahlsaiten. Zwei Pedale (statt der üblichen sieben) sind über Gestänge im Sockel sowie im Resonanzkasten mit fünf Gabeldrehscheiben verbunden, so dass auch das chromatische Spiel möglich ist. Da die Beckmesser-Harfe im Stehen gespielt wird, kann der Musiker den Beckmesser-Darsteller in der Regel gut auf der Bühne sehen und sich so dessen Bewegungen beim vermeintlichen Lautenspiel besonders gut anpassen.
So klingt die Beckmesser-Harfe
Aber wie hört sich die Beckmesser-Harfe an? Durch die Stahlbesaitung ist der Klang nicht nur kräftig, sondern hebt sich zudem deutlich vom Orchester ab – und passt dank des hellen und hölzernen Sounds auch noch perfekt zum Spiel der Lautenattrappe auf der Bühne. Außerdem unterscheidet sich der Klang deutlich von einer normalen Orchesterharfe.
Im 19. Jahrhundert wurde die Beckmesser-Harfe von den beiden Pariser Firmen Erard und Reyel gebaut. Heutzutage wird sie nur noch von der deutschen Firma Horngacher hergestellt. Für kleinere Opernhäuser oder Bühnen, die „Die Meisteringer von Nürnberg“ nur selten aufführen, lohnt sich eine solche kostspielige Anschaffung natürlich nur bedingt. Deswegen verwenden die meisten Häuser inzwischen eine normale Orchesterharfe, deren Klang verfremdet wird, in dem man zum Beispiel Papierstreifen zwischen die Saiten klemmt.
Beckmessers Werbelied:
Die Bayreuther Festspiele erklären die Beckmesser-Harfe: