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Nominiert zum Publikum des Jahres 2022: Deutsche Oper Berlin

Musiktheater als Vielgenerationenhaus

Die Deutsche Oper Berlin präsentiert sich trotz ihrer Größe beweglich, experimentierfreudig, und publikumsnah.

vonSören Ingwersen,

Abgehoben, elitär, repräsentativ – Adjektive wie diese hört man immer wieder, wenn von der Oper die Rede ist. Dass das Operngenre sich breiteren Publikumsschichten gegenüber öffnen muss, um langfristig den Anschluss an eine lebendige, im Wandel begriffene Gesellschaft nicht zu verlieren, ist eine Binsenweisheit, die die Deutsche Oper Berlin schon lange als konkrete Handlungsmaxime wahrnimmt. So stemmt man am Haus an der Bismarckstraße im Ortsteil Charlottenburg traditionellerweise nicht nur die Opernschwergewichte von Richard Strauss, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini und lässt die französische Grand operá im neuen Glanz erstrahlen, sondern bietet unter der Intendanz von Dietmar Schwarz auch dem zeitgenössischen Repertoire und neuen Aufführungsformaten ein Forum. Uraufführungen von Auftragswerken gehören ebenso dazu wie die lustvolle Dekonstruktion eigener Neuproduktionen im Rahmen der Reihe „Aus dem Hinterhalt“: Sechs Spielzeiten lang – von 2016 bis 2022 – zerlegten Clubmusik-Produzenten, Dragqueens und Musikmaschinen in der „Tischlerei“ Stücke des klassischen Opernkanons, um sie auf neue Weise wieder zusammenzusetzen. So treffen auf der Studiobühne, der zweiten Spielstätte der Deutschen Oper Berlin an der Rückseite des Hauptgebäudes, Künstler der freien Szene auf Sänger und Musiker des Ensembles bzw. Opernorchesters, das seit 1983 auch eine eigene Orchesterakademie unterhält – damals eine echte Innovation.

Besucher schätzen die offene Atmosphäre

Die Bindung junger Menschen ans Haus erfolgt aber auch über Vermittlungsprojekte wie das Education-Programm des Staatsballetts Berlin „Tanz ist KLASSE!“, in dessen Rahmen Kinder und Jugendliche mit kanonischen Stoffen in Berührung kommen und eigene Choreografien entwickeln. Auch der Kinderchor der Deutschen Oper hat sich in den fünfzehn Jahren seines Bestehens zu einem profilierten Klangkörper entwickelt, der nicht nur bei Opernaufführungen, sondern auch in eigenen Konzerten zu erleben ist.

Die Deutsche Oper Berlin ist das zweitgrößte Musiktheater Deutschlands. Architekt Fritz Bornemann hat bei der Konzeption des 1961 eröffneten Hauses vor allem das Publikum im Blick gehabt. Alle 1.859 Sitzplätze des großen Saals bieten optimale Sichtverhältnisse und beste Akustik. Eine wichtige Stellung im Gesamtkomplex nehmen auch die weitläufigen und transparent gestalteten Foyers ein, die als Ausstellungsräume für moderne Kunst genutzt werden und Orte der Begegnung sind. Das Publikum weiß die offene Atmosphäre, das anspruchsvolle Repertoire, das vielfach auch in Referenzaufnahmen auf Bild- und Tonträgern vorliegt, und die genreübergreifende Experimentierfreude des Hauses zu schätzen. So kann die Deutsche Oper mit ihren aktuellen Besucherzahlen und einer hohen Auslastung fast an die Vor-Corona-Zeit anknüpfen.

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