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Nominiert zum Publikum des Jahres 2022: Theater Münster

Ein Haus für alle

Mit seinen innovativen und inklusiven Formaten in sechs Sparten spricht das Theater Münster auch neues Publikum an.

vonMaximilian Theiss,

Ein Verlag warb einige Jahre lang mit dem Slogan „Jede Zeitung hat die Leser, die sie verdient“. Würde man dieses Sprüchlein aufs Theater Münster übertragen, dann stünde es sehr gut da, denn es hat in der Tat die gesamte Bevölkerung der westfälischen Stadt verdient. Warum? Weil sich die Verantwortlichen das Mantra, ein Haus für alle zu sein, nicht nur auf die Fahnen schreiben, sondern tatkräftig leben. Vergünstigte Tickets für den Nachwuchs und für Menschen mit geringem Einkommen findet man auch anderswo. Aber das „Kultursemesterticket“, mit dem Studierende der Uni Münster unter bestimmten Voraussetzungen kostenfreien Eintritt erhalten, stellt in der hiesigen Theaterlandschaft eine Besonderheit dar. Auch in Sachen Barrierefreiheit erweist sich das Theater Münster als kreativ und zeigt großen Einsatz. Derzeit ist mit dem Studio nur noch eine Spielstätte nicht mit dem Rollstuhl oder dem Rollator zu erreichen. Doch können sich Interessierte in diesem Fall direkt mit dem Haus kurzschließen und gemeinsam eine Lösung finden, wie ein Besuch auch im Studio realisiert werden kann.

Unter der Losung „Alles Inklusiv“ geht man noch einen Schritt weiter und bezieht seit Beginn dieser Spielzeit auch die Kunst selbst in die Barrierefreiheit mit ein. So machen sich seit Beginn dieser Spielzeit Mitarbeiter und Ensemble auf die Suche, wie man inklusiv zuhören und erzählen kann. Und mit dem Format „Theater entspannt“ können Menschen, für die aufgrund von Autismus, Tourette, chronischen Schmerzen oder Lernschwierigkeiten der Besuch einer Veranstaltung nicht so ohne weiteres möglich ist, in entspannter Umgebung Produktionen erleben. Konkret heißt das, dass Geräusche und Bewegung im Publikum ausdrücklich erlaubt sind, dass die Besucher ein und aus gehen können, wie es ihren Bedürfnissen entspricht, und dass sie im Vorfeld auf besondere Geschehnisse und sensible Inhalte hingewiesen werden.

Das Theater Münster kommt mit #TanzNah direkt zum Publikum

Bleibt noch der Blick auf die Veranstaltungen selbst, die praktisch keine Genrelücke aufweisen: Barockes und Zeitgenössisches, große Verdi-Oper, schwergewichtige deutsche Spätromantik, Experimentelles, Musical – alles findet seinen Platz im Spielplan. Und das ist nur das Musiktheater. In Münster nämlich weist das Haus ganze sechs Sparten auf: Neben Oper, Theater, Konzert, Tanz und junges Theater gibt es noch die „Niederdeutsche Bühne“ zur Stärkung regionalen Dialekts. Denn man will schließlich wirklich für alle da sein.

In manchen Fällen geht der Weg der Kunst auch umgekehrt: Nicht das Publikum besucht Theater, sondern das Theater besucht das Publikum. Im Format #TanzNah agiert das Ensemble nicht nur auf Bühnen, sondern überall dort, wo Menschen zusammenkommen, feiern, trauern, sich erholen und arbeiten. Sechs Performances sind dafür in dieser Saison terminiert.

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