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Barockfestival „Winter in Schwetzingen“ 2022

Szenische Wiederaufführung nach dreihundert Jahren

Das Barockfest „Winter in Schwetzingen“ feiert die Rückkehr von Reinhard Keisers Oper „Ulysses“.

vonStefan Schickhaus,

Wenn der Spargel schießt und der Flieder blüht, ist das Schwetzinger Schloss in seinem Element – schließlich wurde es als kurfürstliche Sommerresidenz gebaut. Das Rokokotheater wird seit Jahrzehnten im frühen Sommer von den „Schwetzinger Festspielen“ bespielt, doch ist das nur die eine, die sonnige Seite der Medaille. Denn seit gut fünfzehn Jahren gibt es auch den „Winter in Schwetzingen“, veranstaltet vom Theater Heidelberg. Ja, das Theater lässt sich gut heizen, selbst in Zeiten wie diesen, bestätigt Thomas Böckstiegel, der gemeinsam mit Ulrike Schumann als Direktionsteam die Heidelberger Opernsparte leitet und das Winter-Festival kuratiert.

2019 hat das Leitungsduo begonnen, Wiederentdeckungen deutscher Barockopern-Komponisten ins Zentrum des „Winters in Schwetzingen“ zu stellen. In diesem Jahr: „Ulysses“von Reinhard Keiser – kein leichtes Unterfangen, denn das Werk ist nur als Fragment überliefert. Es wurde von Clemens Flick rekonstruiert, einem Cembalisten, Dirigenten und nicht zuletzt durch seine regelmäßige Assistenz bei René Jacobs barockerfahrenen Praktiker. Ein Kunstgriff für die Spielbarmachung der unvollständigen Oper liegt in einer „Erzählung von Ulrike Schumann“ – mit dieser Unterzeile ist das Werk jetzt angekündigt.

Gereifte Sängerschaft

„Wir haben eine Erzählerfigur in das Ulysses-Universum eingefügt, die Verbindungen schaffen soll“, erklärt dazu Thomas Böckstiegel. „Wie Homer selbst wird ein Schauspieler durch die Geschichte leiten, ja er wird sie quasi ad hoc erfinden.“ Ein bewusster Stilbruch sei das, auch weil der Schauspieler hier zum Sänger, wenngleich bewusst nicht zum Opernsänger werde. Gerne wird ja gerade bei Barock­opern-Produktionen, nicht zuletzt auch in Schwetzingen, auf die Jugendlichkeit des Ensembles verwiesen: Junge Barockstimmen gelten gemeinhin als gute, frische, unverbrauchte Barockstimmen. Hier nun ist es genau anders herum: „Wir haben beim Cast bewusst auf etwas reifere Sängerinnen und Sänger geachtet, die dieses Repertoire nach wie vor brillant singen“, sagt Böckstiegel. Denn es sei ihnen darum gegangen, den zeitlichen Aspekt im Odysseus-Mythos nicht einfach zu überspielen. „Odysseus kann nicht zwanzig Jahre unterwegs gewesen sein, und dann kommt ein junger Mann zu seiner Penelope zurück.“

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