Bayreuth: Und alles spricht vom Grünen Hügel und Wagner. Eigentlich beginnt die Geschichte der Oper hier eineinhalb Jahrhunderte früher mit einer weltgewandten preußischen Prinzessin aus Berlin, die es im Winter 1732 – widerwillig – in das oberfränkische Provinznest verschlug. Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth (1709–1758), Schwester des preußischen Königs Friedrich des Großen, sollte ursprünglich den künftigen König von England heiraten. Stattdessen bekam sie den Markgrafen von Bayreuth zum Gemahl und einen Hof, „der eher ein Bauernhof zu nennen war“, mit Personal, das „wie Knecht Ruprecht“ aussah, wie sie in ihren Memoiren spottete. „Statt der Perücken ließen sie ihre Haare tief ins Gesicht hineinfallen, und Läuse von ebenso alter Herkunft wie sie selbst hatten in diesen Strähnen seit undenklichen Zeiten ihren Wohnsitz aufgeschlagen“, lästerte sie über die fränkischen Adligen.
Ihr Ehemann aber erwies sich als Glücksgriff. Die beiden hatten ähnliche Interessen und Pläne, weshalb er ihr freie Hand ließ. Bayreuth sollte sich kulturell mit Wien, Dresden und Berlin messen können und so beauftragte sie 1744 den Star-Theaterarchitekten Giuseppe Galli Bibiena mit dem Bau eines (Markgräflichen) Opernhauses. Bibiena gelang Atemberaubendes: ein barocker Goldrausch bis in himmlische Höhen mit reich verzierten Balkonlogen und Säulen, hunderten Armlüstern und illusionistischen Ornamenten von dreidimensionaler Wirkung mitsamt prachtvoller Bühne, die sich ins Unendliche streckt.
Im Zeichen der römischen Oper
Vorhang auf nun für die dritte Ausgabe des Festivals Bayreuth Baroque, das heuer im Zeichen der römischen Oper steht: Leonardo Vincis „Alessandro nell’Indie“ über den Indienfeldzug Alexander des Großen nach einem Libretto von Metastasio ist nach beinahe 300 Jahren wieder vollständig zu hören, in reiner Männerbesetzung wie bei der Uraufführung. Dazu (konzertant): „Il Nascimento dell’aurora“ von Tomaso Albinoni, Giovanni Bononcinis „Griselda“ und Alessandro Stradellas „Oratorium San Giovanni Battista“. „Die Barockfans sind süchtig nach Seltenem. Und hier werden sie gefüttert“, sagt Max Emanuel Cenčić, Countertenor und künstlerischer Leiter des Festivals, und verspricht ein „historisch absolut korrektes“ Sängerfest mit „Counterkerlen im Fummel“ und vielem mehr.
concerti-Tipp:
ARTE concert überträgt ab dem 9. Semptember live und zeitversetzt aus dem Markgräflichen Opernhaus Bayreuth.
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