Es geht vom 26. Mai bis 11. Juni um noch mehr Oper als in den Jahren davor. Warum so „Viel Lärm um Nichts“ fragte bereits Georg Friedrich Händels Zeitgenosse John Byrom in seinem spöttischen Epigramm über dessen Konkurrenzkämpfe mit Giovanni Bononcini in London: „Merkwürdig, dass ein solcher Streit entsteht um Dideldum und Dideldi.“ Dieser Vers wurde zum Motto der Händel-Festspiele 2023. Intendant Clemens Birnbaum setzt ein Diskurs-Angebot Richtung Gegenwart mit ihren abgrundtiefen Furchen zwischen drastischen Aktualisierungen und opulent verstandener Werktreue. Das Festspiel-Symposium thematisiert „Politik der Oper – Händels Opernakademien 1719 bis 1737“.
Misogyne und vormoderne Frauenbilder geraten zunehmend ins Kreuzfeuer zeitgemäßer Regie und der Kulturwissenschaften. Bei Händel allerdings scheinen korrigierende Befragungen kaum nötig, zumal sich Frauen im frühen 18. Jahrhundert fast nirgends so frei bewegten wie in England. In der Oper „Serse“, welche nach der traditionellen Feierstunde am Händel-Denkmal in einer Neuinszenierung von Opernintendant Walter Sutcliffe unter der musikalischen Leitung von Attilio Cremonesi die Festspiele eröffnet, sind heroische Worthülsen und erotischer Egoismus quotengerecht auf alle Figuren verteilt. Wie auch in „Giulio Cesare“, der auf Peter Konwitschnys fies-burleske Inszenierung für die Händel-Festspiele 2019 in der Oper Leipzig folgen wird.
Erstrangige Counterstimmen bei den Händel-Festspielen Halle
Darüber hinaus dominieren erstrangige Counterstimmen als vokale Erben der Kastraten der Barockoper. In „Serse“ singt Leandro Marziotte den Arsamene. Raffaele Pe gastiert als Alessandro Severo im Goethe-Theater Bad Lauchstädt und im Festkonzert „Giulio Cesare – ein barocker Held“, und Jakub Józef Orliński stellt Bononcini und Händel gegenüber. Xavier Sabata singt und inszeniert „Rinaldo“. Den Händel-Preis 2023 erhält die italienische Mezzosopranistin Anna Bonitatibus – sie übernimmt die Titelpartie in „Serse“. In zwei Aufführungen gibt es außerdem Händels populärstes Oratorium „The Messiah“.