„Die Zeit ist eine Göttergabe, dem Menschen verliehen, damit er sie nutze“, heißt es in Thomas Manns berühmten Bildungsroman „Der Zauberberg“, der sich zu einem Großteil mit dem komplexen Wesen der Zeit auseinandersetzt. Zeit ist allgegenwärtig. Sie strukturiert unser Leben, lässt uns innehalten oder treibt uns voran. Besonders in der Musik wird sie direkt erfahrbar: als flüchtiger Moment, als gedehnte Ewigkeit, als pulsierender Rhythmus.
Im Zeichen der Musik gemeinsam innezuhalten, dafür schafft das Heidelberger Frühling Musikfestival bereits seit 28 Jahren die entsprechenden Rahmenbedingungen. In diesem Jahr jedoch lädt das Festival unter dem Motto „Befreite Zeit“ dazu ein, den Faktor Zeit auf gänzlich neue Weise gewahr zu werden, dabei eine Auszeit vom Alltag zu nehmen und besondere Momente der Entschleunigung zu erleben.
Welche Komponisten wären hier für einen programmatischen Schwerpunkt besser geeignet als Franz Schubert und Steve Reich: Der eine ein lyrisch-träumerischer Frühromantiker, mit – so kommentierte einst Robert Schumann – „himmlischen Längen“ in seiner paradiesischen Musik. Der andere ein Pionier der Minimal Music mit ihrem einmaligen, durch Wiederholung geprägten hypnotischen Sog.
Höhenflüge mit Prokofjew
Beiden Komponisten kommt während der 89 Veranstaltungen des Heidelberger Frühling Musikfestival besondere Bedeutung zu, wenn Ausnahmekünstlerinnen und -künstler wie Pianist Lukas Sternath, das Signum Quartett, das Cuarteto Casals, Geigerin Veronika Eberle, oder Schlagwerker Christoph Sietzen ihre unsterblichen Werke interpretieren. Im Abschlusskonzert spielen die Heidelberger Sinfoniker unter Johannes Klumpp Schuberts „Große“ C-Dur-Sinfonie, während bei der feierlichen Eröffnung die Neunte Beethovens erklingt mit dem Orchestre des Champs-Élysées und dem Collegium Vocale Gent unter der Leitung von Philippe Herreweghe.
Ein weiterer Höhepunkt in der diesjährigen Festivalausgabe ist die auf drei Abende verteilte Aufführung aller fünf Klavierkonzerte von Sergej Prokofjew. Als Solist ist Pianist Igor Levit zu erleben, begleitet vom Budapest Festival Orchestra unter der Leitung von Iván Fischer.