Komponisten seiner Zeit lobten Heinrich Schütz als „des Jahrhunderts hervorragendster Musiker“. 350 Jahre nach seinem Tod gibt das Heinrich Schütz Musikfest umfangreiche Einblicke in das musikalische Schaffen des Komponisten mit rund fünfzig Veranstaltungen an Orten in Mitteldeutschland, die eine bedeutende Rolle spielten im Leben des „Vaters der modernen Musik“ – so eine weitere zeitgenössische Bezeichnung. Das Residenzensemble Vox Luminis mit seinem Gründer Lionel Meunier wirft an fünf Abenden Schlaglichter auf unterschiedliche Lebensphasen Schütz’. Bei der Festivaleröffnung in Weißenfels stehen die „Musikalischen Exequien“ neben Werken der Zeitgenossen Samuel Scheidt, Thomas Selle und Andreas Hammerschmidt auf dem Programm. In Gera setzen die Musiker Schütz in Beziehung zu dessen Lehrer Giovanni Gabrieli, im Zeitzer Dom wiederum beleuchten sie das Verhältnis zu seinen Meisterschülern. Auszüge aus dem Altbachischen Archiv kommen in Dresden zur Aufführung. Den Schlusspunkt setzen die Spezialisten mit „klingenden Friedensbotschaften“ in Torgau.
Beobachter und Wegweiser seiner Zeit
Rund hundert Jahre nach Erscheinen des ersten evangelischen Gesangbuchs von Johann Walter verfasste Schütz den Großteil seiner geistlichen Chorwerke auf Deutsch. Passend dazu ist bei der Verleihung der Johann-Walter-Plakette ein Panorama vom einfachen Choralsatz des 16. Jahrhunderts bis zu hin zu Schütz‘ vierchöriger Vertonung des 150. Psalms zu hören. Darüber hinaus erklingen seine Kompositionen in Festgottesdiensten in der Region. Die Capella de la Torre gestaltet gemeinsam mit Laienchören eine Vesper zum Abschluss des Chorprojekts „Sing Schütz“, der Dresdner Kammerchor singt eine Auswahl der „Psalmen Davids“ und der Thomanerchor Leipzig interpretiert Motetten aus der „Geistlichen Chormusik 1648“.
Schon zu Lebzeiten des Komponisten herrschten in der Gesellschaft Themen wie Krieg, Flucht, Naturkatastrophen und Pandemien vor, die Schütz in seinen Tonschöpfungen aufgegriffen hat. Die Berliner Musiktheater-Kompanie „Nico and the Navigators“ setzt sich in ihrem Stück „Fleisch & Geist“ mit diesen Wechselwirkungen auseinander. Zwei Uraufführungen von Rolf Rudin und Hans Peter Preu indes nehmen Bezug auf den innovativen Geist des Hofkapellmeisters. Von der damals vorherrschenden Virtuosität zeugen Gambistin Juliane Laake mit dem Ensemble Art d’Echo sowie Barockviolinistin Leila Shayegh und La Centifolia. Françoise Lasserre und ihre Musiker von Akadêmia kehren nach ihrer Residenz 2020 mit einem Literaturkonzert unter dem Titel „Kreuzwege – Lebenswege“ zurück.
Darüber hinaus bietet das Festival musikalische Spaziergänge und Sonderführungen unter anderem durch das Weißenfelser Schütz-Haus und Schloss Moritzburg an der Elster an. In der Unterkirche der Frauenkirche ist zudem Fabian Russ‘ dreidimensionale Klanginstallation „Kaleidoskop der Räume“ zu entdecken. Dreieinhalb Jahrhunderte nach seinem Tod wirkt Schütz in der Musik lebendiger denn je – „weil ich lebe“ lautet das diesjährige Festivalmotto.