Der Gedanke war naheliegend: Warum nicht ein kleines Festival in der Nähe Dresdens, wo Ramón Jaffé an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber unterrichtet. Als Intendant für den Stapellauf des ersten Kammermusikfests Oberlausitz im September konnte der Kulturnetzwerker Hagen Lippe-Weißenfeld gewonnen werden. Seit 1995 leitet Ramón Jaffé das Tiroler Kammermusikfest Hopfgarten, und auch seine Tochter, die Harfenistin Serafina Jaffé, weiß um das erhöhte Genusspotenzial dünn besiedelter Regionen. Östlich von Dresden gründen sie in der größten zweisprachigen Region Deutschlands in einer geografischen Idylle jetzt auch eine musikalische Idylle.
Gäste der Veranstaltungen im Barockschloss Oberlichtenau, auf Schloss Kuppritz, Schloss Gröditz und Schloss Milkel kurz vor dem Dreiländereck um Görlitz und Zittau erleben Geheimtipps von hohem Rang. Zu den mitwirkenden Musikern gehören Arkadi Marasch, Konzertmeister der Staatskapelle Halle, der Bratschist Vladimír Bukač, die Pianistinnen Monica Gutman und Mao Ito. Heidemarie Wiesner gibt der Verbundenheit zur Region Oberlausitz durch Uraufführungen sorbischer Komponisten und ihrer CD-Einspielung „150 Jahre sorbisch/wendische Klaviermusik“ Ausdruck. Die Leitung sucht für das neue Festival die Zusammenarbeit mit Musikhochschulen Mitteldeutschlands. Die zwei hochbegabten Organisten Johannes Krahl und Josua Velten kommen von der Leipziger Musikhochschule. Auf dem Programm stehen neben Klassikern des Repertoires Ernest Bloch, Gabriel Fauré sowie Ramón Jaffé selbst.
Eintritt frei!
Die Konzerte sollen auch die kulturelle Belebung der erhaltenen Güter im Besitz der Baruther Linie aus der Adelsfamilie Lippe intensivieren. Bis 1918 gehörte das Geschlecht zu den regierenden Fürstenhäusern Deutschlands. Absolut einmalig und während der Pandemie bemerkenswert ist der freie Eintritt zu den Konzerten, bei denen jeweils ein Spendenzweck zugunsten der Restaurierung von Möbeln oder wertvollen Stücken der Inneneinrichtung genannt wird. Berühmte Oberlausitzer sind der Mystiker Jakob Böhme, Gotthold Ephraim Lessing und Heinrich Marschner, als Schöpfer trivialromantischer Geisteropern ein Vorbild Richard Wagners. Fast könnte man also meinen, das junge Kammermusikfestival verführe in ein deutsches Transsylvanien.