„Spannend“ ist ein überstrapazierter Begriff, aber die Kasseler Musiktage sind kaum anders zu nennen – sowohl was die Künstlerauswahl als auch das Programm betrifft. Unter dem Motto „Wann singst du?“ stellt das Festival diesmal verschiedene Formen des Gesangs in seinen Mittelpunkt. Wie zeit- und kulturübergreifend der künstlerische Leiter Olaf A. Schmitt das Thema behandelt, zeigt bereits der Blick auf den Rahmen: Zur Eröffnung tauchen der Countertenor Valer Sabadus und das ebenso fantastische Concerto Köln tief ein in die Opernwelt des 18. Jahrhunderts, kreist ihr Auftritt doch um den Kastraten Farinelli und den Librettisten Pietro Metastasio. Zehn Abende später gestaltet dann die Sängerin Racha Rizk, erfolgreich im Singer-Songwriter-Genre wie auf der Opernbühne, zusammen mit dem Damascus String Quintet den Ausklang. Die aus Syrien stammenden Künstler tragen dazu bei, das kulturelle Erbe ihres Landes zu erhalten, sie setzen Krieg und Zerstörung ein Zeichen der Hoffnung entgegen.
Sängerin Maria Pantiukhova malt „Traumbilder“ mit Streichsextett
Facettenreich sind auch die übrigen Veranstaltungen. Zum dritten Mal gastiert das gefeierte polnische Apollon Musagète Quartett bei den Musiktagen – diesmal unter anderem mit dem Arrangement einer Renaissance-Motette von Wacław z Szamotuł. Folkloristisch wird es bei der isländischen Sopranistin Herdís Anna Jónasdóttir, pfiffig bei Nikolaus Habjan – der Österreicher pfeift berühmte Arien. Das Staatsorchester Kassel und GMD Francesco Angelico sind ebenso zu erleben wie das hr-Sinfonieorchester und Star-Oboist François Leleux. Mezzo-Fans sind richtig bei den Konzerten von Maria Pantiukhova und Okka von der Damerau – beim einen gibt es eine Besetzung mit Streichsextett, beim anderen Klavierlieder von Mahler und Berg.
Zwischen Tradition und Moderne: Die Kasseler Musiktage
Virtuos wechselt das Festival auch zwischen Tradition und Moderne. So blickt das Ensemble Weser-Renaissance Bremen auf den Kasseler Hofkapellmeister Georg Otto (um 1550 bis 1618) und dem in der Fuldastadt ausgebildeten Heinrich Schütz, der hier 1599 Kapellknabe wurde. „Happy new ears“ heißt hingegen das Konzertmotto, wenn das Ensemble Modern Werke der prominenten österreichischen Komponistin Olga Neuwirth aufführt, darunter auch Songs aus ihrer Hommage an den Kult-Sänger Klaus Nomi.
Countertenor Valer Sabadus wird die Kasseler Musiktage eröffnen:
concerti-Tipp:
Kasseler Musiktage 2018
25.10.-4.11.2018
Mit: Valer Sabadus, François Leleux, Okka von der Damerau, Herdís Anna Jónasdóttir, Ensemble Modern, Apollon Musagète Quartett u. a.
Kongress Palais Kassel, documenta-Halle, KulturBahnhof Kassel u. a.