Ferenc Liszt-Platz im Herzen von Budapest: Da harrt er nun im langen Gewand mit wallender Mähne ganz in Eisen gegossen: Franz Liszt. Der Blick nach unten auf eine imaginäre Klaviertastatur gerichtet, die Hände vehement gestikulierend im leeren Raum, zwei Finger der linken sind bereits abgebrochen worden. Auch Ikonen werden manchmal ramponiert. „Franz Liszt schaut verzweifelt, weil er das „New York“ (wohl eine Bar) noch nicht besuchen kann“, unkte ein Scherzkeks im Internet über die 1986 entstandene Skulptur. Vielleicht, weil sie ganz im Gegensatz zu jener Büste Liszts steht, die sich in der Loggia der Ungarischen Staatsoper weihevoll und erhaben – wie es sich für einen genius loci gehört – vor dem Opernbesucher aufbaut. Doch davon später. Gleich um die Ecke auf der Wesselényi utca 52 die von Liszt begründete Musikakademie – im Neubau von 1907; eine der international renommierten Ausbildungsstätten für junge Musiker. Zu den Professoren gehörten einst Béla Bartók und Zoltán Kodály. Nicht weniger prominent die Riege der Absolventen, unter ihnen György Ligeti, Tibor Varga und Joseph Szigeti, die Dirigenten Ferenc Fricsay und Georg Solti und viele andere. Auch Gabor Takacs-Nagy wurde hier als Geiger und Dirigent ausgebildet. Er wird im prunkvollen Jugendstilsaal des Hauses am 29.3. das Festivalorchester dirigieren, eines der künstlerischen Highlights des Festivals. In weiteren Konzerten werden unter anderem Joshua Bell und Steven Isserlis erwartet.
Zahlreiche Orte, die (Musik-)Geschichte(n) atmen
Je nüchterner das Gebäude, umso pompöser der Name, könnte man bei dem „Palast der Künste“ meinen. Ein Beton-Multifunktionsbau mit mächtiger Glasfront, am Donauufer im Stadtteil Pest gelegen, mit einem imposanten Konzert-, einem Theatersaal und einem Zeitgenössischen Museum. Traditionelles findet sich hier mit Experimentellem, die Klassik mit dem Tanz, dem Jazz, die Weltmusik und die bildende Kunst. Andere Standorte: der Marmorsaal des Ungarischen Rundfunks, das Nationale Filmtheater Uránia, manche wunderbare Kirche der Stadt. Und das Thália Theater, die zweite Spielstätte der Ungarischen Staatsoper. Überhaupt spielt die Oper eine wichtige Rolle im Festival, schließlich steht in der Budapester Andrássy út eines der prächtigsten und schönsten Opernhäuser der Welt. Ganz im Stil der Neorenaissance in den Jahren 1875 bis 1884 erbaut, wird das bereits bemerkenswerte Äußere des Gebäudes von seiner inneren Pracht übertroffen. Wo man auch hinsieht: kunstvoll vergoldeter Stuck, Deckengemälde, Marmorsäulen und wertvolle Mosaikarbeiten. Statuen an der Balustrade erinnern an große europäische Komponisten. Die Logen der Zuschauer erstrecken sich über drei Geschosse, deren größte Kaiser Franz Joseph vorbehalten war, der sich für den Bau des Opernhauses engagierte. Opulente tonnenschwere Lüster verleihen den Räumlichkeiten eine magische, fast mystische Atmosphäre, die den Geist vergangener Zeiten heraufbeschwört – und so manche Spukgeschichte, weshalb wohl der italienische Horrorfilm-Regisseur Dario Argento seinen Film „Das Phantom der Oper“ hier inszenierte. Wahr aber ist, dass ein Kommandant von Stalins Leibwache Anfang des 20. Jahrhunderts für einige Zeit als Friseur am Haus arbeitete und dass Otto Klemperer hier dirigierte und Gustav Mahler das Haus als Operndirektor von 1888 bis 1891 führte, in der Nachfolge von Ferenc Erkel, dem Komponisten der ungarischen Nationalhymne. Giacomo Puccini inszenierte hier zwei Premieren seiner Opern. 2014 steht seine Tosca auf dem Programm; außerdem Janáčeks Jenůfa, Wagners Fliegender Holländer sowie Mozarts Die Hochzeit des Figaro. Nur Liszt wird es im Opernhaus nicht zu hören geben. Sein Jubiläumsjahr (2011) ist sowieso um.
Die Festivaldaten im Überblick:
Zeitraum: 21.3. – 6.4.2014
Ort: Budapest
Künstler: Gabor Takacs-Nagy, Joshua Bell, Steven Isserlis, Elena Bashkirova, Dénes Várjon u.a.
Was es im Bereich Festival außerhalb von Budapest zu entdecken gibt, stellen wir Ihnen in unserem Festivalguide vor.