Weit oben auf dem Gipfel des Olymp wohnen die Götter und bestimmen über das Schicksal der Menschen, so steht es in den alten Mythen. Sicher wäre keiner der sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kissinger Klavierolymps 2020 so vermessen, sich mit Göttern zu vergleichen, die allerhöchsten Maßstäbe darf man an diese jungen Pianisten aber dennoch ansetzen. Denn nur, wer bereits Preisträger eines nationalen oder internationalen Wettbewerbs ist, darf sich in Deutschlands beliebtestem Kurort mit seinesgleichen an den Tasten messen.
Mit einem kompletten eigenen Soloprogramm präsentieren sich die Teilnehmer der Jury und dem Kissinger Publikum im neoklassizistischen Rossini-Saal mit seinen beeindruckenden Rundbögen und der prächtigen Kassettendecke. Für das Auftaktkonzert hat der Spanier Martín García García ein Programm zusammengestellt, dass von Bach über Beethoven und Skrjabin bis zu den reizvoll-farbigen Miniaturen Federico Mompous reicht. In England längst keine Unbekannte mehr ist die junge Pianistin Isata Kanneh-Mason. Ihr Debütalbum „Romance“ mit Musik von Clara Schumann schaffte es im letzten Jahr auf den ersten Platz der UK Classical Charts. Während Kanneh-Masons auch als Moderatorin der BBC Proms in Erscheinung trat, erreichen ihre Musikvideos im Internet Zuschauerzahlen im sechsstelligen Bereich.
Nach Solo-Rezitalen versammeln sich die Pianisten des Kissinger Klavierolymps zum Abschlusskonzert
Eine besonders ambitionierte Auswahl von Musikstücken bringt Ziyu Liu mit nach Bad Kissingen: Neben Maurice Ravels „La Valse“, einem überschwänglichen Abgesang auf den traditionellen Walzer, wird der 22-jährige Chinese Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ vor den Ohren der Zuhörer mit üppigen Klangfarben ausmalen. Freuen darf man sich auch auf die Schweizerin Nathalia Milstein, den Letten Yoav Levanon und den 1995 in Sibirien geborenen Sergey Tanin. Nach ihren Solo-Rezitalen versammeln sich alle sechs Pianisten zum Abschlusskonzert im Max-Littman-Saal, wo der Erstplatzierte als Solist mit Orchester den Klavierolymp besteigen darf. Dort angekommen sind bereits viele namhafte Pianisten: Wettbewerbspreisträger vergangener Jahre wie Igor Levit, Nikolai Tokarev oder Herbert Schuch. Letzterer wird am 11. Oktober auch beim „Kissinger Sommer“ auftreten, aus dem – Corona-bedingt – in diesem Jahr ein „Spätsommer“ wurde.