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Kurt-Weill-Fest Dessau 2017

Zurück vom Broadway

Zu Lebzeiten war er vor allem im New Yorker Exil ein Star. Inzwischen ist es Kurt Weill auch wieder in seiner Heimatstadt – Dank des Kurt-Weill-Fest Dessau

vonSabine Näher,

Wer an Kurt Weill denkt, assoziiert Bert Brecht und die Dreigroschenoper, New York und erfolgreiche Musicalkompositionen für den Broadway. Und wer an die Stadt Dessau denkt, assoziiert wohl am ehesten Bauhaus und Walter Gropius, vielleicht noch Junkers Flugzeug- und Motorenwerke, die die Stadt ab 1940 zu einem mehrfach angeflogenen Ziel der alliierten Luftwaffe werden ließen. Weit weniger präsent dürfte sein, dass Dessau einst blühende Residenz anhaltinischer Fürsten und Herzöge war. Eindrucksvolles Zeugnis davon legt das zauberhafte Gartenreich Dessau-Wörlitz ab, eine Parkanlage nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten, die Fürst Leopold III. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anlegen ließ.

Eine Verbindung zwischen Weill und Dessau wird jedoch den Wenigsten in den Sinn kommen. Dabei wurde der Komponist am 2. März 1900 in dieser Stadt als Sohn des Kantors der jüdischen Gemeinde geboren. Schon ehe er in die Schule kam, erhielt Kurt Klavierunterricht. Und bereits als Jugendlicher begann er zu komponieren. Obwohl er die Vaterstadt 1918 verließ, um in Berlin zu studieren, hat er die prägende Kindheit und Jugend in Dessau verlebt – Grund genug, ein alljährliches Kurt-Weill- Fest zu begehen.

Kurt Weill aus den verschiedensten Blickwinkeln

Anders als bei vielen Klassikfestivals herrscht hier eine lockere, ungezwungene Atmosphäre. Da die Künstler auch aus dem Jazz und Pop kommen, ist das Publikum entsprechend bunt gemischt. Christine Schäfer und Max Raabe, Ian Bostridge und Klaus Doldinger, Angelika Kirchschlager und Annamateur, Flautando Köln und Nils Landgren, das MDR Sinfonieorchester und Helen Schneider: All das passt hier bestens zusammen. Alljährlich gibt es ein Motto sowie einen „Artist in Residence“. So war 2011 zu „Berlin im Licht“ das Ensemble Modern ständiger Gast, zu „Vom Lied zum Song“ 2015 Cornelia Froboess und zu „Krenek, Weill und die Moderne“ 2016 Ernst Kovacic. Die diesjährigen Residenzensembles, das MDR Sinfonieorchester und der MDR Rundfunkchor, spielen unter dem Motto „Luther, Weill & Mendelssohn“ auf.

Verbindungen zwischen Kurt Weill und Martin Luther

Nun kommt man 2017 am Reformator kaum vorbei, schon gar nicht in Mitteldeutschland. Dennoch wird es spannend, wie sich thematische Bezüge zu Weill herstellen lassen. Diejenigen zu Moses Mendelssohn, dem Großvater des Komponisten, liegen schon eher auf der Hand: Er teilt den Geburtsort Dessau mit Weill und prägte ähnlich wie Luther das religiöse und gesellschaftliche Leben seiner Zeit entscheidend mit. Ihm wird eigens ein Symposion gewidmet, wobei generell das außermusikalische Programm erneut wichtiger Bestandteil des Festivals ist. Ein Kabarett wird mit „Eisler und Weill – Leben im Exil“ ebenso geboten wie musikalische Lesungen zur „Freiheit des Glaubens“ oder „Freiheit zu philosophieren“. Auch einige thematisch passende Filme wie Nathan der Weise (1922), Luther (2003) oder Kohlhaas (2012) laden zum Besuch.

Bauhaus, Funkhaus, Rathaus, Gasthaus: die Konzertorte

Bunt wie das Programm gestalten sich auch die Aufführungsorte: Neben dem Anhaltischen Theater geht es ins Bauhaus wie ins Kiez Kino, ins Alte Theater wie in den Beatclub. Lohnenswerte benachbarte Locations sind das Steintor-Varieté in Halle, das MDR-Funkhaus in Magdeburg oder das Alte Rathaus der Lutherstadt Wittenberg. Jedoch passt für Open- Air-Veranstaltungen im Gartenreich die Jahreszeit nicht. Allerdings wird das historische Gasthaus „Zum Eichenkranz“ in Wörlitz bespielt. 1787 als Tor zur Parklandschaft eröffnet, lag dieses wunderschöne Gebäude lange im Dornröschenschlaf. Wie schön, dass es wachgeküsst wurde und seit 2015 in neuem Glanz erstrahlt. Von dort zeigt ein Blick ins Gartenreich, dass es sich unbedingt lohnt, im Sommer wieder zu kommen.

Die Festivaldaten im Überblick:
Zeitraum: 24.2.–12.3.2017
Mit: Kristjan Järvi, MDR Sinfonieorchester, Peter Bruns, Staatskapelle Halle, Daniel Gauthier, Ian Bostridge u. a.
Ort: Dessau, Magdeburg, Wittenberg u. a.

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