Nein, zeitgenössische Musik muss nicht elitär oder unzugänglich sein! Das Luxemburger Festival „rainy days“ zeigt den Weg zu einer spannenden, unterhaltsamen und vor allem intensiven Begegnung mit Musik von heute.
Eine Begegnung die seit der Gründung des Festivals stets in einem „familiären“ Ambiente stattfindet. Bei den „rainy days“ wird nicht über zeitgenössische Kompositionstechniken gefachsimpelt, das gesellige Treffen und Erleben rund um die Musik steht im Mittelpunkt und wird gefördert. Kein Wunder, dass bekannte Komponisten immer wieder den Weg nach Luxemburg finden.
Im Jahre 2000 gründete eine Gruppe von begeisterten Anhängern zeitgenössischer Musik um die Komponisten und Musiker Claude Lenners und Guy Frisch die „rainy days“. Ende der 1990 Jahre war die Luxemburger Szene „moderner“ Musik noch in Ordnung. Später sind neue, nicht immer musikalische Dissonanzen aufgetreten. Neben der 1983 gegründeten „Lëtzebuerger Gesellschaft fier Nei Musek“ sind die „Noise Watchers“ und das Ensemble „United Instruments of Lucilin“ aufgetreten: Musiker und Komponisten sind getrennte Wege gegangen. So war es kein Zufall, dass die damals neue Luxemburger Philharmonie 2005 die Organisation des Festivals übernahm.
Ein Bogenschütze, der mit Pfeilen ein Cello zertümmert
„Die ‚rainy days‘ sollen in der Luxemburger Kulturlandschaft verankert werden, obwohl es hierzulande keine feste Szene zeitgenössischer Musik gibt“, erklärte Bernhard Günther, Philharmonie-Dramaturg und Festivalleiter, 2014 zum 15. Geburtstag der „rainy days“.
Ein Ständchen in einer Imbissbude auf dem „Knuedler“-Platz im Herzen der Hauptstadt Luxemburg, eine Musikperformance in einem Schwimmbecken, ein Bogenschütze, der mit seinen Pfeilen ein Cello zertrümmert, das Genießen von Mozartkugeln auf der Bühne, eine Aufführung im Untergeschoss des Philharmonie-Parkhauses: die „rainy days“ sorgen Jahr für Jahr für Überraschungen. Die Zuhörer sollen nicht nur in eine auditive Welt entführt werden, die Bilder, also das rein Visuelle, spielt eine wesentliche Rolle. Nach dem Motto „Ohren auf, Augen auf“ hat sich das Festival zum Ziel gesetzt, die Entdeckung moderner Musik durch multimediale Kanäle zu fördern. Die mögliche und zum Teil feststellbare Hemmschwelle zu dieser Musik wird so tief wie möglich heruntergeschraubt.
„Wie auch immer es sich verhält mit der Vergangenheit in der Gegenwart – eines ist sicher: Kaum ein künstlerisches Medium eignet sich so gut für Rückblenden, Erinnerungen, jahrhundertübergreifende Reflexionen und Querverbindungen – oder bildlich gesprochen: für Zeitreisen – wie die Musik“, unterstreicht Bernhard Günther seit Jahren. Der Festivalleiter hat viele Anreize geschaffen, der heutigen Musik eine breit angelegte Perspektive zu geben. Zeitgenössische Musiker und Komponisten mit historischen Ensembles Alter Musik oder Altmeistern zu konfrontieren, gehört seit jeher zum Festivalalltag. Brücken zwischen Berio, Ligeti, Penderecki, Helmut Lachenmann, Wolfgang Rihm und „historische“ Komponisten zu provozieren sind keine Seltenheit.
Nötigen Freiraum gewähren
Dass die „rainy days“ auch ein Luxemburger Festival sind, steht den Organisatoren immer vor Augen. Dank großzügiger finanzieller Mittel kann die Philharmonie als Veranstalter und Austragungsort zahlreichen Luxemburger Künstlern und lokalen Ensembles den nötigen Freiraum gewähren. Der Katalog der eigens für das Festival bestellten Uraufführungen seit der Gründung der „rainy days“ ist bemerkenswert. Für Bernhard Günther werden es 2016 die letzten „rainy days“ sein. Ab 2017 wird der Musikspezialist die künstlerische Leitung des „Wien Modern“-Festivals übernehmen.
Die Festivaldaten im Überblick:
rainy days – festival de musique novelle: into the wild
Zeitraum: 02. bis 11.12.2016
Mit: Orchestre Philharmonique du Luxembourg, Ilan Volkov, Noise Watchers Acousmonium, Tuba Consort Luxembourg, PHACE, Blueblut, ensemble recherche u. a.
Ort: Luxembourg