Sir John Eliot Gardiner war es, der 2006 den Ehrgeiz des Grafen Günther von der Schulenburg weckte, dem kulturell nicht eben verwöhnten Braunschweig eine Konzertreihe zu schenken. Sie bekam den Namen „Soli Deo Gloria“ und mit dieser Signatur, die Johann Sebastian Bach vielen seiner Werke eingeschrieben hat, auch ein Programm: die Darbietung sakraler Musik auf der Grundlage der historischen Aufführungspraxis. Graf Schulenburg, Spross eines acht Jahrhunderte alten Adelsgeschlechts, ist im Hauptberuf Land- und Forstwirt, führt das 920 Hektar große Rittergut Bisdorf nahe Wolfsburg und verwaltet mehr als 5000 Hektar Wald in mehreren Bundesländern. Vor allem aber ist er Enthusiast: ein engagierter, kundiger Sammler zeitgenössischer Kunst, ein leidenschaftlicher Musikfreund, der alle Jahre die Salzburger Festspiele besucht. Und dort durch den Galeristen Thaddaeus Ropac viele Künstler kennengelernt hat, darunter Georg Baselitz, der, wie viele andere Zelebritäten, an seinem Bisdorfer Küchentisch gesessen hat – dort, wo „viele Dinge aufeinandertreffen“, wie Schulenburg es formuliert.
Mit dem Freimut, der sich mit dem Erfolg einstellt, sagt der hünenhafte Graf: „Ich bin kein Musiker, habe aber, wie mir viele gesagt haben, ein Gespür für musikalische Qualität und für die Mentalität von Musikern.“ Und er hat jene Ausstrahlung, ohne die gerade die schönsten Pläne nur Blütenträume bleiben würden. „Ohne Kultursponsoring“, sagt er, „würde es Soli Deo Gloria nämlich nicht geben.“ So hat er es verstanden, die Richtigen und Wichtigen anzusprechen: allen voran Volkswagen, aber auch Sparkasse, Stiftungen und Institutionen. Wobei er nie wie ein Bittsteller auftritt: Im Gegenteil, viele sind spürbar stolz, wenn sie in seiner Nähe gesichtet werden.
Klassik für alle: Lang Lang in der VW Werkshalle
Zudem hat er aus der Einsicht, dass nichts Neues findet, wer als das Schönste immer nur die Vergangenheit anbetet, das Programm erweitert – auch mit Blick auf Besucher, die Stars erleben wollen. So holte er die Dresdner Staatskapelle unter dem charismatischen Christian Thielemann nach Braunschweig; ließ eine Werkshalle von VW freiräumen, damit auch die Mitarbeiter einmal den Markenbotschafter ihres Konzerns, den Pianisten Lang Lang, bewundern konnten; und lockt in diesem Jahr mit der Mezzosopranistin Elīna Garanča eine der großen Operndiven unserer Zeit zu einem Open Air Konzert in das einstige Zonenrandgebiet. Zwar nicht „Soli Deo Gloria“, aber dafür ganz im Zeichen der großen Oper.
Die Festivaldaten im Überblick:
Zeitraum: 19.6. – 11.7.2015
Orte: Braunschweig, Königslutter u. a.
Künstler: Collegium Vocale Gent, Philippe Herreweghe, Trevor Pinnock, Ragna Schirmer, Elīna Garanča u. a.
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