Gut achtzig Kilometer nördlich der irischen Hauptstadt Dublin liegt Dundalk. Das Hafenstädtchen ist nicht nur dank seines maritimen Klimas und seiner direkten Lage an der Irischen See eine Reise wert. Inzwischen zieht es auch immer mehr Liebhaber zeitgenössischer Musik dorthin, wenn vom 22. bis 23. Juni wieder das Festival der Louth Contemporary Music Society stattfindet.
Seinen diesjährigen Titel „The Book of Hours“ verdankt das Festival dem Stundenbuch, einer Sammlung von Gebeten und privaten Andachten für das Stundengebet, das auf die jüdische Tradition zurückgeht, dreimal am Tag zu beten. Im Laufe der Zeit weitete sich die Zahl und die Dauer der Gebetszeiten aus und das vollständige Stundengebet wurde nur noch von Klerikern und Mönchen gebetet. Letztendlich aber sollen die Stundengebete in besonderer Weise zum guten Gelingen und der Heiligung des neuen Tages beitragen.
Leidenschaft und Kompromisslosigkeit
Auf der Suche nach dem Besonderen war auch schon immer Eamonn Quinn. Als jüngstes von neun Geschwistern wächst er in einer Arbeiterfamilie in Nordirland auf. Zwei Jahre nach seiner Geburt beginnt 1969 der Nordirlandkonflikt. Doch statt in Politik steckt er seine Kraft und Neugierde lieber in die Musik, genauer gesagt in die zeitgenössische Musik. Der Autodidakt hält seine Augen und Ohren stets offen für neue Werke und interessante Komponisten. Dabei verlässt er sich hauptsächlich auf seinen eigenen Instinkt. Da dieser jedoch nicht immer dem kommerziellen Geschmack entspricht, gründet er 2006 gemeinsam mit seiner Frau die LCMS (Louth Contemporary Music Society), in seiner Wahlheimat Dundalk.
Seitdem veranstaltet er jährlich ein Festival für zeitgenössische Musik. Die Konzerte tragen in diesem Jahr Titel wie „Nachtgebet“ oder „Morgengebet“. Quinn konzipiert jede Veranstaltung jeweils ausschließlich für diesen Anlass und erschafft damit ein einmaliges Konzerterlebnis – alles in Eigenregie, ohne festes Budget und ohne feste Mitarbeiter. Dieses Engagement spüren auch die Musiker und Komponisten: Ob Terry Riley, Garth Knox, Marino Formenti, David Lang oder zuletzt Salvatore Sciarrino. Nur zu gerne kommen sie alle nach Dundalk und lassen sich von Eamonn Quinns Leidenschaft und Kompromisslosigkeit mitreißen. Zudem vergibt der Festivalleiter Kompositionsaufträge und veröffentlicht die Werke anschließend unter seinem eigenen CD-Label LCMS.
The Book of Hours: Von Salvatore Sciarrino bis Hildegard von Bingen
Vom 22. bis 23. Juni versucht die LCMS nun mit ihrem eigenen Stundenbuch die Werke von zeitgenössischen Komponisten aus der ganzen Welt zu würdigen. Neben neuen Werken von Salvatore Sciarrino, Gérard Pesson und Michael Pisaro, erklingen in diesem Jahr auch neue Werke von Karen Tanaka, Galina Grigorjeva und Rebecca Saunders. Darüberhinaus schlägt es über Arvo Pärts „Stabat Mater“ eine Brücke zu Werken von Hildegard von Bingen.
Eingeläutet wird das Festival am Freitag mit der Verleihung des Belmont-Preises an Eamonn Quinn. Die 1997 gegründete Forberg-Schneider-Stiftung fördert herausragende Leistungen auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik. Der mit 20.000 Euro dotierte Belmont-Preis ehrt „Innovation, Kühnheit und Mut“ in der Musik und wird möglichst alle zwei Jahre verliehen.
Die Festivaldaten im Überblick:
Festival für zeitgenössische Musik der LCMS
The Book of Hours
22.-23.6.2018
Rebeccca Saunders, Séverine Ballon, Matteo Cesari, Carol Robinson, Juliet Fraser, Helen Bledsoe, Goeyvaerts Ensemble, Gothic Voices u. a.
Dundalk