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„Wenn man so will, besteht mein Leben nur daraus, Noten zu lernen“

Beethovenfest Bonn

Das jährlich im September stattfindende Beethovenfest Bonn präsentiert in rund siebzig Konzerten international renommierte Künstler und Orchester an mehr als zwanzig Spielstätten in Bonn und im umliegenden Rheinland.



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Sarah Maria Sun zählt zu den international gefragtesten Interpretinnen für zeitgenössische Musik. Beim Beethovenfest 2019 sorgt sie gemeinsam mit dem Ensemble Modern, dem Vokalensemble amarcord und dem Dirigenten HK Gruber für eine zusätzliche Facette. Was genau das Publikum erwartet, verrät die Sopranistin im Interview.

Das Motto der diesjährigen Beethovenfests lautet „Mondschein“. Ihr Konzert mit dem Melodram „Pierrot Lunaire“ von Arnold Schönberg und Kurt Weills gesungenes Ballett „Die sieben Todsünden“ wiederum ist mit „Der kranke Mond“ betitelt. Warum?

Sarah Maria Sun: Der Pierrot ist jemand, der mit den moralischen Vorgaben der Gesellschaft hadert und über sie spottet. Der „kranke Mond“ ist dabei ein Synonym dafür, dass Pierrot unsere Begriffe von Romantik, von Gut und Böse, Schön und Hässlich, auf den Kopf stellt. Unsere gesellschaftlichen Normen sind ihm zu eng und zu spießig. Umgekehrt hat für ihn das, was wir als krank bezeichnen, eine andere Wertigkeit. Lüste aller Arten, auch „abartige“, werden raffiniert in die uns vertrauten romantischen Naturbilder verwoben.

Was haben denn Schönberg und Weill mit Ludwig van Beethoven gemeinsam, der im Zentrum des Festivals steht?

Sun: Alle drei waren Erneuerer, die die Musikwelt komplett auf den Kopf gestellt haben und als Komponisten in völlig neue Dimensionen vorgestoßen sind. Mit „Pierrot Lunaire“ beispielsweise schuf Schönberg musikalische Strukturen, die so noch nie zu hören gewesen waren. Kurt Weills Sozialkritik war damals wie heute brandaktuell.

Sarah Maria Sun
Sarah Maria Sun

„Pierrot Lunaire“ haben Sie schon sehr oft gesungen. Was reizt Sie an diesem Melodram?

Sun: Das Stück steckt voller Überraschungen, Witz, Hass, Liebe, Erotik, großartigen Melodien oder Sequenzen… Es ist so komplex, dass ich auch jetzt noch immer wieder Neues entdecke, dass das Werk einen jedes Mal erneut herausfordert, wenn man es probt.

Und wie verhält es sich bei „Die Sieben Todsünden“?

Sun: Die habe ich bereits während meines Studiums in Köln szenisch aufgeführt. Überhaupt begleiten mich Kurt Weills Lieder, seit ich fünfzehn bin. Ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Stück jetzt endlich wieder machen kann!

Wie kam es eigentlich zu Ihrer Leidenschaft für zeitgenössische Musik?

Sun: Obwohl ich sehr früh begonnen habe, Musik zu machen, entwickelte sich meine Leidenschaft für Neue Musik verhältnismäßig spät. Ich stellte erst im Laufe meines Studiums fest, dass ich mit Werken von Ligeti, Berio und anderen zeitgenössischen Komponisten mehr anfangen konnte als mit Werken von Puccini, Verdi oder Mozart.

Trotzdem dürfte eine Mozart-Partie schneller zu lernen sein als eine Rolle in einer zeitgenössischen Oper.

Sun: Natürlich gibt es da im Vergleich zum traditionellen Repertoire mehr Töne, die man lernen muss, auch sind die Intervall-Abfolgen deutlich komplexer, was das Einstudieren nicht gerade einfacher macht. Wenn man so will, besteht daher mein Leben nur daraus, Noten zu lernen (lacht)! Aber es geht eben nicht darum, wie viel Arbeit oder Mühen man hat, sondern wie am Ende die Musik klingt, die man macht, und ob sie mit der Szene Sinn macht – Hauptsache, man ist am Ende künstlerisch befriedigt. Dann geht es einem großartig!

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