Das Originalklang-Festival FEL!X eröffnet nun schon das fünfte Mal die Spielzeit in der Kölner Philharmonie. Unter dem Motto „Sagen, Mythen und Legenden“ widmen sich Kenner wie Emma Kirkby, Voces Suaves, Kent Nagano und die Accademia del Piacere der Musik verschiedener Jahrhunderte. England und seine Musiktradition stehen dabei im Fokus des diesjährigen Programms.
Das Festival wird mit einer Semi-Oper des englischen Komponisten Matthew Locke eröffnet. Weil es im 17. Jahrhundert die Gattung Oper in seiner Heimat nicht leicht hatte, gegen das omnipräsente Schauspiel auf der Insel zu bestehen, hat Lockes Bühnenwerk „Psyche“ eine Inspirationsquelle jenseits des Ärmelkanals, nämlich die gleichnamige Tragédie lyrique von Jean-Baptiste Lully. Auszüge aus dessen Werk zum gleichen Sujet bilden den Kontra- und Ausgangspunkt von Lockes Werk. Ausführende sind das Ensemble Correspondances unter dessen Leiter und Gründer Sébastien Daucé, einem passionierten Forscher und Anwalt unbekannter Musik.
Zum ersten Mal ist der Kölner Dom Spielstätte beim FEL!X-Festival. Domorganist Winfried Bönig hat drei Jahrhunderte britische Musik in einer Orgel-Late-Night versammelt. Zu entdecken gibt es bei freiem Eintritt auch hier etwas, nämlich den 1865 geborenen Komponisten Edwin Henry Lemare und dessen zweite Sinfonie für Orgel.
Gehobene Schätze
Die Grand Dame der Alten Musik Emma Kirkby, die mittlerweile mit dem Titel „Dame“ auch in den britischen Adelsstand erhoben wurde, ist mit einem nicht minder speziellen Konzert zu Gast, in dem sie das Gothic Movement in den Mittelpunkt rückt, einer literarischen Strömung im England des 18. Jahrhunderts. Einer ihrer Vertreter war der britische Adelige Horace Walpole, der mit seinem morbiden Grusel-Roman „Das Schloss von Otranto“ Erfolge feierte. Sein Landhaus „Strawberry Hill“ wurde zum Treffpunkt vieler Kulturschaffenden, darunter auch Anne Hunter, die für einige Kompositionen Joseph Haydns die Texte schrieb. Das nach diesem Schloss benannte Programm bestreiten außer Kirby noch Philipp Mathmann als Sopran und das Ensemble Ārt House 17 unter der Leitung von Michael Hell. Thomas Höft rezitiert aus dem Roman.
Politik und Elektronik
Das FEL!X-Festival sucht auch die Anbindung der Musik früherer Jahrhunderte ans Hier und Jetzt, zum Beispiel mit Thomas Tallis’ spektakulärer Messe „Spem in alium“ für acht Chöre von 1570, die in Köln in einer Fassung für zwei Sänger und Elektronik erklingt. Auch Politisches hat FEL!X im Portfolio, wenn Ghalia Benali, begleitet von der Accademia del Piacere unter Fahmi Alqhai, „Romanzen zwischen Ost und West“ singt: Hier kommen die Themen Frieden, Liebe und Harmonie zwischen den Religionen in spanischen und arabisch-andalusischen Musikformen aus dem 12. bis 16. Jahrhundert zusammen.
Richard Wagners Musik neu gelesen
Auch für ein sehr bekanntes Werk hält das Festival ein neues Hörerlebnis parat. Mit den Wagner-Lesarten nähert sich Kent Nagano Richards Wagners „Ring des Nibelungen“ an. In diesem wissenschaftlich-künstlerischen Projekt wirken Methoden der historisch informierten Aufführungspraxis, um Wagners monumentalen Opernzyklus klanglich neu zu entdecken. Nachdem Nagano die Wagner-Lesarten 2017 mit dem Concerto Köln und der Kunststiftung NRW gestartet hatte, kam es 2021 zu einer Kooperation mit den Dresdner Musikfestspielen, die das Unterfangen belebte und über die Grenzen Kölns hinaus bekannt machte. „Das Rheingold“ in einer konzertanten Aufführung bildet den Auftakt des großangelegten Vorhabens in der Kölner Philharmonie.
Ein Tag für die Musik im Originalklang – rund um die Philharmonie
Mit dem Aktionstag „FEL!X urban“ beschenkt das Festival die Kölner wieder mit zahlreichen Konzerten bei freiem Eintritt. Am 19. August finden sich vor allem junge Ensembles aus Europa zusammen, um Musik im Originalklang an Spielstätten rund um die Philharmonie erklingen zu lassen, sei es im Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museums, im Senftöpfchen oder unter freiem Himmel: im neuen Gewand oder ganz im Originalklang, auf jeden Fall aber very british.