Wie sind Sie zur stARTacademy gekommen?
Rike Huy: Ich bin durch den den Kinospielfilm „Live“ von Lisa Friederich, für den ich auch die Musik gemacht habe, zur stARTacademy gekommen. Bayer Kultur waren die ersten, die Live gefördert haben, zuerst als Sponsoren und dann wurde Lisa in die stARTacademy aufgenommen. Durch den Film kam mein Kontakt zu Thomas Helfrich, dem Chef von Bayer Kultur, zustande. Wir kamen ins Gespräch, ob ich auch Teil der Academy werden wolle. Über die Aufnahme freue ich mich riesig.
Mussten Sie dann gar keine Bewerbungsprozeduren durchlaufen mit Probespiel etc.?
Huy: Gar nicht! Auch das macht das Programm so besonders.
Welche Projekte haben Sie im Rahmen Ihrer Förderung?
Huy: Durch Corona ist mein Anfang bei der stARTacademy etwas verrutscht. Im Mai habe ich aber im Rahmen des stARTfestivals mein Antrittskonzert, wenn man das denn so nennen möchte. An diesem Abend möchte ich viele eigene Stücke spielen und damit den Weg weitergehen, den ich mit „Live“ eingeschlagen habe.
Sie hatten vor dem Filmprojekt noch gar keine Kompositionserfahrung?
Huy: Nur sehr wenig. Und wenn, dann habe ich eher für mich alleine komponiert.
Haben Sie sich die Kompositionstechniken autodidaktisch beigebracht?
Huy: Ich hab mit einem Kumpel zusammengearbeitet, der aber auch eigentlich Geiger und kein ausgebildeter Komponist ist. Wir haben uns dann zusammen im Sinne von „learning by doing“ einfach reingearbeitet und natürlich auch geguckt, was der Film braucht. Seit Ende letzten Jahres nehme ich privat auch Kompositionsunterricht.
Dann dürften Ihnen die Fächer Tonsatz und Harmonielehre an der Hochschule leichtgefallen sein.
Huy: Ich habe das wohl oder übel mitstudiert, aber es ist nicht so, dass da mein Herz jetzt aufgegangen ist (lacht). Mein Soundtrack bewegt sich aber auch nicht ausschließlich im klassischen Bereich, da sind schon auch Schnittstellen zu verschiedenen Genres. Ich weiß gar nicht, wie viel mir ein klassisches Kompositionsstudium für diesen Film weitergeholfen hätte.
Der Film fand schon zur Premiere lobende Worte und ging dann mit der Coronakrise ganz plötzlich durch die Decke, weil das Umfeld, in der die Geschichte stattfindet, erschreckend nah an unserer neuen Realität ist: Menschenansammlungen unter freiem Himmel sind verboten, das kulturelle Leben findet nur noch digital statt.
Huy: Das war so witzig, weil wir den Film produzierten, als wir alle noch nichts von Corona wussten. Bei der Premiere im Januar letzten Jahres herrschte einerseits schon Begeisterung, aber auch eine Ungläubigkeit, weil diese Isolation der Menschen, wie sie im Film gezeigt wird, für manche dann doch zu fern der Realität war. Ein paar Wochen später gab es dann plötzlich einen Umschwung in der Rezeption – und das nicht nur weil es um menschliche Isolation ging, sondern auch, weil es im Film auch um das menschliche Grundbedürfnis geht, sich auszudrücken, Kunst und Kultur gemeinschaftlich zu erleben.
Steht denn schon ein weiteres Filmmusikprojekt an?
Huy: Lisa Friederich arbeitet derzeit an einem nächsten Kurzfilm, für den ich wieder die Filmmusik machen werde.
Sie haben klassische Trompete studiert, waren Stipendiatin der Akademie des Ensemble Modern und sind derzeit Solotrompeterin in der Basel Sinfonietta, die sich ebenfalls auf zeitgenössische Musik spezialisiert hat. War das schon immer „Ihre“ Musik oder hat sich Ihre Leidenschaft dafür erst im Laufe Ihrer musikalischen Tätigkeit entwickelt?
Huy: Ich habe schon eine ganz klassische Ausbildung genossen mit Wettbewerben und dem Erlernen des Trompetenrepertoires. Aber ich kam auch oft an Punkte, wo ich gedacht habe: Das interessiert mich auch. Und dann habe ich das auch weiterverfolgt. Es war also schon ein längerer Prozess, aber es waren auch bestimmte Ereignisse, die mich geprägt haben.
War die Tournee mit der Electronica-Künstlerin Peaches vor zwei Jahren so ein Ereignis?
Huy: Das war so ein Moment, ja! Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht wirklich Kontakt zur Popszene. Dann bin ich über die Ausschreibung für die Band gestolpert und habe mir gedacht: Oh Gott, da will ich auf jeden Fall dabei sein! Ich habe also ein audition tape gemacht und wurde dann Teil der Tourband.
Klingt so, als würden Sie Chancen auf sich zukommen lassen und diese dann gleich nutzen.
Huy: Jein. Einerseits versuche ich tatsächlich, mit dem Flow zu gehen, zu schauen, was einen interessiert, was sich gut anfühlt oder wo man eine positive Resonanz bekommt. Aber ich muss schon auch aktiv eine Entscheidung für oder gegen eine Sache treffen, zumal man ja auch Durchhaltevermögen haben muss, wenn man etwas gut machen will.
Bei der stARTacademy haben Sie sich klar dafür entschieden. Was erhoffen Sie sich von dieser Förderung?
Huy: Ich glaube, dass dieser Vertrauensvorschuss, den uns Bayer Kultur im Rahmen der stARTacademy gibt, eine große Chance ist. Für das Konzert im Mai habe ich quasi eine Carte blanche bekommen, das ist ein toller Luxus. Insofern erhoffe ich mir, dass ich mich in diesem Rahmen weiter künstlerisch ausprobieren kann. Den Freiraum und die Unterstützung zu bekommen, eigene Ideen zu verwirklichen, empfinde ich als ein großes Privileg.