… Politik in der klassischen Musik
Mir fällt dazu spontan ein Werk ein, das ich für meine neue CD aufgenommen habe, „Die beiden Grenadiere“ von Schumann mit einem Text von Heinrich Heine. Darin diskutieren zwei Soldaten, der eine will wegen seiner Familie nicht für Napoleon in den Krieg ziehen, dem anderen aber ist die Familie ganz egal, er will für seinen Kaiser kämpfen. Das Lied ist sehr bissig, sarkastisch und provokant. Schumann hat am Ende ganz geschickt die Marseillaise eingewoben, er lässt sie harmonisch wie im Schlamm versacken. Da kommt die Vergeblichkeit des Kriegstreibens zum Ausdruck.
… Lieblingsthemen unter Kollegen
Ich rede mit meinen Musikerfreunden gerne über die letzten Erlebnisse, auch solche, die man als Zuschauer gehabt hat, zum Beispiel Theater- oder Opernaufführungen, durch die man Denkanstöße bekommen hat. Da kann es aber auch um das aktuelle Tagesgeschehen gehen, von Uli Hoeneß bis Putin. Das finde ich auch besser als die ständige Beschwererei, die bei Opernsängern besonders stark ausgeprägt ist – über Probenzeiten, Kollegen, Dirigenten, Regisseure oder die Zustände am Haus. Das ist wirklich Jammern auf höchstem Niveau.
… Baustellen in Berlin
Das ist nun aber tatsächlich etwas, wo ich mich mal beschwere (lacht). Das nervt total! Die wenigen Ost-West-Achsen in Berlin sind ständig voll mit Baustellen, wo ich mich frage: Was sind das für Verkehrsplaner? Es gab auch lange Baustellen in meiner Straße, dann wurde in meinem Haus das Dach saniert, jetzt wird über mir renoviert. Wenn ich in Berlin bin, habe ich meistens ab acht Uhr morgens Terror, dabei möchte ich mich hier eigentlich ausruhen.
… die Baustelle Staatsoper
Da bringt es nichts, ungeduldig zu sein. Das sieht man ja an der Elbphilharmonie oder dem Berliner Flughafen. Es wird fertig, wenn‘s fertig wird. Punkt. Ich singe im Schillertheater auch sehr gerne. Die Akustik ist zwar brutal, weil sie recht trocken ist, aber sie hat auch den großen Vorteil, dass man den Text sehr gut versteht. Alles fühlt sich wie ein Kammerspiel, wie ein Theaterstück an, im positiven Sinne.
… die Fußball-Weltmeisterschaft 2014
Ich freue mich immer auf die EM oder WM. Ich erinnere mich an eine Aufführung von „Don Giovanni“ in Berlin, parallel zu den Endspielen der EM 2012. Als Zerlina habe ich ja relativ viele Pausen, und ich weiß sehr genau, wann ich wieder zurück auf die Bühne muss. Da bin ich zwischendurch immer wieder raus, um den Spielstand zu erfahren. Ich habe versucht, alle meine Flüge in der WM-Zeit so zu legen, dass ich möglichst wenig Spiele verpasse.
… Clubbesuche
Die muss ich möglichst vermeiden, das geht nur selten. Nicht wegen des Rauchs, der ja weniger geworden ist, sondern wegen der lauten Musik. Wenn man sich im Club unterhalten will, muss man gegen einen sehr hohen Dezibelwert anschreien, so wie bei einer Baustelle. Wenn dann noch Alkohol hinzukommt, ist das der Tod für die Stimme.
… ihren 30. Geburtstag
Das 30-Werden habe ich als sehr positiv empfunden. Ich bin jetzt selbstbewusster, sei es in der U-Bahn, im Straßenverkehr oder beim Einkaufen. Früher war ich immer viel zu höflich und vorsichtig, bekam immer gleich Angst, wenn mich jemand angeschnauzt hat. Jetzt schnauze ich einfach zurück (lacht). Ich bin jetzt über 30, ich darf das. Für die Feier habe ich in einem Park einen Pavillon gemietet, meine liebsten Freunde eingeladen, wir haben gegrillt, es gab ein Buffet und meinen Lieblingscocktail Moscow Mule. Dem DJ habe ich eine Liste gegeben mit Musik, die ich momentan gerne höre. Alternative Electro zum Beispiel, oder Songs von der Band „Mumford & Sons“.
… Operndiven
Ich würde heute eher von Dirigentendiven sprechen, weil ich das Gefühl habe, dass sich heute eher Dirigenten ein Divenauftreten leisten können. Bei Sängern ist das inzwischen verschrien, in den Theatern, in denen ich arbeite, wird das eher verlacht. Wir Opernsänger stehen ja unter einem immensen Druck, weil die Konkurrenz wahnsinnig groß ist und weil man die Qualität bei uns sehr viel besser bemessen kann: Entweder du triffst den Ton oder nicht. Entweder du kannst die Phrase in einem Atem singen oder nicht. Dirigenten dagegen können mit dramatischen Gesten oder kleinen exzentrischen Bewegungen das Publikum irrsinnig täuschen. Ich finde es erstaunlich, wie viele Dilettanten am Pult stehen, wahnsinnig viel Geld verdienen und von den Kritikern über den grünen Klee gelobt werden, während sich die Orchestermusiker denken: Oh Gott, wie sollen wir hier jemals den Einsatz kriegen.