Herr Ehring, in Düsseldorf moderieren Sie die Reihe „Ehring geht ins Konzert“. Was genau ist das Konzept hinter dem Programm?
Christian Ehring: Als wir das Programm 2011 aus der Taufe gehoben haben, wollten wir Menschen meiner Generation dazu bringen, mal ein klassisches Konzert zu besuchen, und zwar diejenigen, die mit Popmusik sozialisiert wurden oder sich musikalisch anderswo herumgetrieben haben. Als Michael Becker, der Intendant der Tonhalle, damals an mich herantrat, sagte ich ihm, dass ich seit über zehn Jahren in keinem Konzert mehr war. Einfach weil ich es zu steif fand. Darauf sagte er: „Dann sind Sie genau der Richtige, hier können Sie ein Konzert machen, wie Sie sich das vorstellen.“ Heute ist die Reihe weiterhin der Versuch, Musik und Witz zusammenzubringen und im besten Fall noch eine Einführung mit geistreichen Assoziationen und Kurzschlüssen zu aktueller Politik zu bieten. Ich habe das Gefühl, dass beim Lachen und beim Hören unterschiedliche Hirnareale angesprochen werden. Es tut unheimlich gut, wenn beide zeitgleich aktiviert werden.
Wie verbinden Sie Ihre satirischen Moderationen mit klassischer Musik?
Ehring: Man kann musikalische Strukturen sehr gut mit dem vergleichen, was gerade in der Politik passiert. Zum Beispiel klingt in unserer aktuellen Ampel-Regierung alles ganz unheimlich unisono. Auch kann man anhand der Politik das Prinzip der Sequenzierung, der Variation oder der Tonhöhen sehr gut erklären. Auch die Polyfonie eignet sich sehr gut. Ich versuche es so assoziativ wie möglich zu gestalten und dabei nicht allzu pädagogisch rüberzukommen. Wenn es also um Musik von Arvo Pärt geht und ich über dessen Katholizismus rede, kann es sein, dass ich drei Sätze später bei Kardinal Woelki lande.
Woher haben Sie Ihr Wissen über die klassische Musik, die Sie ja für eine Moderatorentätigkeit dieser Art benötigen?
Ehring: Ich bin im reinsten Wortsinn Amateur. Allerdings würde ich mich als Musikliebhaber bezeichnen, hatte Klavierunterricht und spiele heute gerne klassische Musik. Dennoch bin ich nicht musikwissenschaftlich bewandert. Das wäre Hochstapelei.
Sie sagten eingangs, klassische Konzerte wären Ihnen mitunter zu steif. Was meinen Sie damit?
Ehring: Mit Anfang dreißig hatte ich das Gefühl, man kann die Emotionen und die Begeisterung, die bei dieser fantastischen Musik entstehen, einfach nicht ausleben, allerhöchstens summiert in einem beherzten „Bravo“-Ruf, den man möglichst als Erster in den Schlussakkord hineinruft. Zwischendurch muss man das Husten unterdrücken. Früher fand ich das alles irgendwie blutleer. Im Konzertsaal kamen mir die Vorstellungen teilweise wie eine Mischung aus Gottesdienst und Staatsakt vor. Heute aber kann ich das goutieren. Konzerthäuser sind natürlich nach wie vor säkulare Tempel, aber auch die haben ihre Berechtigung. Und vielleicht ist es tatsächlich gut, wenn man da in den Saal nichts zum Essen mit reinnimmt.