Es ist immer praktisch, zwei Leidenschaften zu haben, sollte es mit der einen mal nichts mehr sein. Bei Ana de la Vega sind es die Flöte und das Reiten, die sie seit ihrer Kindheit begeistern. Am liebsten würde sie beides machen, doch das kombiniere sich auf Dauer nicht gut, bedauert die Australierin, die auf einer Farm aufgewachsen ist und heute als Virtuosin die Welt bereist. Auf Instagram präsentiert sich Ana de la Vega ebenso nahbar wie authentisch – und scheut sich dabei nicht, auch mal die ernsteren Seiten des Lebens zu teilen.
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Ich bin auf einem Bauernhof in Australien aufgewachsen, Farmerarbeiten wie diese liegen mir also im Blut. Als während der Pandemie alle meine Konzerte abgesagt wurden, war ich sehr wütend und traurig. Ich ging erstmal zurück in die Heimat. Dort habe ich mich wieder mehr aufs Reiten konzentriert – meine zweite große Leidenschaft neben der Flöte. Hier komme ich gerade von einem Ausritt und füttere die Kühe auf dem Reiterhof. Ich liebe diesen Lebensstil und habe das zeitweise auch sehr vermisst. Aber da mein Verlobter Schafzüchter ist, bin ich mittlerweile zum Glück wieder auf einer Farm zu Hause.
Ein schöner Kontrast zu dem Bauernhofbild von eben! Dieses Foto entstand in einem Verkleidungsgeschäft in London. Ich hatte damals eine Sendung bei Idagio Live namens „Flute Reboot“ und der Name dieser Folge war „Quantz and the King“. Joachim Quantz war ein berühmter Flötenvirtuose, der Friedrich dem Großen sehr nahe stand, der wiederum auch Flöte spielte. Wir haben also passend zum Thema ein königliches Outfit gesucht. Es war ein großer Spaß.
Zwischen den Jahren 2019 und 2020 wüteten verheerende Buschbrände in Australien. Das, was hier aussieht wie die Hölle selbst, ist das Dorf Rosedale, in dem ich aufgewachsen bin. Ein Freund von mir hat das gefilmt. Achtzig Prozent der Häuser brannten dort ab. Es ist heute noch immer nicht wieder vollständig aufgebaut. Ich war zu der Zeit zum Glück in meinem anderen Haus etwas weiter nördlich, aber das war auch von Bränden umgeben. Man hatte keine Möglichkeit, sich zu bewegen. Es war wirklich beängstigend. Und kurz danach kam dann Corona. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Folgen von allem, was so an Umweltproblemen und Katastrophen in der Welt passiert, zuerst in Australien ankommen. Aber wir Australier sind zäh!
Ein schöner Tag. Das bin ich mit drei meiner insgesamt fünf Neffen. Wir freuen uns so, weil es zum ersten Mal seit langem wieder regnet. Endlich! Das war nämlich auch während der großen Buschbrände und der Regen brachte etwas Erleichterung. Man konnte das Feuer eindämmen. Aber ein paar Tage später flog ich für ein Konzert nach London und erfuhr dort, dass die Jungs mit ihrer Mutter schon wieder evakuiert wurden und in einem Kino Schutz suchen mussten, weil die Brände wieder ausgebrochen waren. Zum Glück ist letztlich niemandem etwas passiert.
Oh, ich liebe es! Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich mir solche Fotos ansehe. Wenn ich nur nicht immer die Zunge beim Sprung rausstrecken würde! Hier bin ich bei den Australasian Games mit dem besten Springpferd, das ich je hatte. Ich war lange professionelle Springreiterin. Nach der Schule reiste ich ein Jahr lang durch Australien, um an Wettbewerben teilzunehmen. Pferde und die Flöte – das war mein Leben. Passt leider nicht gut zusammen, wegen der Hände. Wenn man mit Pferden arbeitet, muss man richtig zupacken und beim Flötenspiel muss man sehr filigran sein. Ich entschied mich letztlich für die Musik, aber verbringe noch immer jede freie Minute mit Reiten.
Das ist meine Tochter Lily, sie ist jetzt sechs Jahre alt. Auf dem Foto ist sie drei, und ich versuche ihr gerade das Reiten beizubringen. Sie kann das mittlerweile ziemlich gut. Nur tut sie es nicht so oft, wie ich gehofft hatte. Sie interessiert sich auch für Musik, wir hören viel Klassik zusammen. Mit sechs Monaten hat sie Mozarts Jupiter-Sinfonie mitdirigiert und war wie besessen von Dvořáks Cellokonzert. Aber sonst zeigt sie bisher keine Ambitionen, selbst zu musizieren, und das ist auch völlig in Ordnung so. Viele drängen ihren Kindern ein Instrument auf, doch sie müssen es auch selber gerne wollen. – Aber Reiten, das muss schon sein, da bestehe ich drauf! (lacht)
Das ist ein Auszug aus der Arte-Dokumentation „Ana de la Vega und die Flöte“. Die alten Aufnahmen zeigen das Leben auf der Farm meiner Eltern, wo ich aufgewachsen bin. In der Dokumentation haben sie meine Geschichte als eine Art Cinderella-Story bezeichnet: Ein kleines Bauernmädchen in Australien, das diesen außergewöhnlichen Traum hat, die Ozeane bis nach Paris überquert und es schließlich mit ihrer Flöte auf die Bühnen der Welt schafft – es klingt schon wie ein Märchen, aber es war tatsächlich so. Als ich das erste Mal eine Flöte über die Lautsprecher meiner Eltern hörte, wusste ich: Das will ich! Niemand in meiner Familie ist sonst musikalisch, und ich hatte noch nie im Leben eine Querflöte gesehen, aber von da an war ich wie besessen.
Es ist sehr schwierig, darüber zu sprechen. Vor etwa zwei Jahren landete ich nach einer zweimonatigen Tour wieder in Australien und schaute am Flughafen auf mein Handy. Da erfuhr ich, dass meine jüngere Schwester schwer erkrankt war und im Krankenhaus im Koma liegt. Nur zweiundzwanzig Stunden später starb sie in meinen Armen. Sie hinterließ einen zehnjährigen Jungen, den ich in meine Obhut genommen habe. Ich zog mich komplett zurück und sagte alle Konzerte ab. Aber nach etwa einem halben Jahr stand ich vor der Wahl: Entweder rolle ich mich zusammen und sterbe vor Traurigkeit. Oder ich mache weiter. Es fühlte sich irgendwie falsch an, nach so einem Erlebnis wieder Dinge auf Social Media zu posten, aber man hat ja auch eine Verantwortung gegenüber seinem Team und gegenüber seinen Fans. Deshalb habe ich schließlich diesen Beitrag gepostet. Damit die Menschen verstehen, warum ich weg war, und damit sie wissen, dass ich weitermache. Auch wenn es schwerfällt, denn der Schmerz bleibt.
Das ist ein ziemlich lustiges Foto. Der Mann vorne, der die Hände überm Kopf zusammenschlägt, ist mein Tonmeister Karel Bruggemann. Für mich ist er der beste Tontechniker der Welt. Bei jeder Aufnahme ist er an meiner Seite. Studiorecordings machen mir große Freude, ich bin da sehr perfektionistisch und will immer mehr und noch mehr optimieren. Ich glaube, das treibt ihn manchmal an den Rand der Verzweiflung. Hinten neben mir ist mein guter Freund, der Oboist Ramón Ortega Quero. Wir haben schon viele Projekte zusammen gemacht. Die Kombination von Flöte und Oboe ist wirklich etwas Besonderes und ich habe noch nie eine solche Verschmelzung von Ton- und Klangwelten erlebt wie bei Ramón und mir. Im Scherz nennen wir uns als Duo deshalb auch „Floboe“.