Das Lied ist ein Meilenstein der Gesangsliteratur, an das man sich nicht so ohne Weiteres herantraut. Meistens wird es von einem Mezzosopran oder einem Bariton interpretiert. Ich fühle mich als Sopranistin aber auch sehr wohl damit. Es gibt für mich gerade kein Stück, das besser in diese Zeit passt. Wie das lyrische Ich des Liedes fühle ich mich gerade oft weit weg von allem. Und dann bin ich wieder ganz bei mir. Schließlich bin ich gezwungen, viel zu Hause zu sein. Als ich zum ersten Mal im Juni 2020 wieder vor Publikum singen durfte, war dieses Lied Teil des Programms. Alle hatten Masken auf, und an den amüsanten Stellen des Konzertes habe ich mich gefragt, ob jemand schmunzelt. Dennoch war es sehr emotional. Auch das Publikum war berührt, das habe ich trotz der Masken wahrgenommen.
Anfangs empfand ich das Lied eher melancholisch. Mehr und mehr aber fühle ich die Befreiung, die darin steckt. Da ist eine Person, die mit sich im Reinen ist, die in der Musik aufgeht und auch im Einklang mit der Natur lebt. Als ich das Lied mit Leif Ove Andsnes in Norwegen aufgenommen habe, musizierten wir vor einer Kulisse von Bergen und einem Wasserfall – das ist für mich das Bild zum Lied. Es war lange Zeit in meinem Ohr mit Jessye Norman und Thomas Hampson. Aber es einzustudieren, hatte für mich keine Dringlichkeit. Mit der Reife kam dann das Selbstbewusstsein, auch die Traditionen dieses Liedes über Bord zu werfen, denn natürlich klingt es mit einer hohen Stimme anders. Ich kann dem Stück viel Positives geben, das ich darin ganz deutlich spüre.