Der TV-Journalist und Produzent, Musiker und Autor schreibt aktuell an seinem vierten Album und ist seit vielen Monaten mit seinem SPIEGEL- Besteller „Aenne und ihre Brüder” auf Lesereise.
Welche Rolle spielt die Musik in Ihrem Leben?
Reinhold Beckmann: Musik war immer schon da und hat mein Leben in vielerlei Hinsicht geprägt. Das begann bereits in der Schulzeit und war einigen guten Lehrern zu verdanken. Zunächst in einem durchaus ambitionierten Schulchor, später dann in einer Gruppe von Gitarristen, die sich in der klassischen Musik versuchten. Zudem brachte mein älterer Bruder schon früh amerikanische Musik mit nach Hause. Er war ganz besessen von den Beach Boys und so lauschten meine Brüder und ich gemeinsam den göttlichen Chorsätzen von Brian, Carl und Dennis Wilson. Wir fragten uns: wie kriegen die das nur hin? Und 1969 dann Woodstock. Zum ersten Mal Jimi Hendrix. Das hat für mich alles verändert.
Wie steht es denn mit Klassik?
Beckmann: Immer noch gern gehört und gesehen. Wir haben vor kurzem bei mir zu Hause ein Konzert mit dem chinesischen Pianisten Haiou Zhang veranstaltet – zu Gunsten unserer Organisation „NestWerk“, in der wir Kinder und Jugendliche in Hamburg mit kostenlosen Sport- und Musikangeboten zur Seite stehen. Es war ein bewegender Abend. Einem so grandiosen Pianisten aus nächster Nähe bei der Arbeit zuschauen zu dürfen, das öffnet Ohren und Augen. Haiou Zhang spielte die letzte Klaviersonate von Beethoven. Ein Wahnsinnswerk, mit dem sich Musikwissenschaftler und Philosophen ja noch heute beschäftigten. Ansonsten bin ich als Hamburger natürlich ein treuer Brahms Fan.
Musik und Fußball haben ja mit Stadion-Gesängen und Hymnengesang durchaus Berührungspunkte…
Beckmann: Deutschlands Fußballfans haben das Singen im Stadion ja erst lernen müssen. In den sechziger und siebziger Jahren waren die Töne bei uns zuweilen noch etwas tumb und bierselig. Dazu die Sünden der Schlagerindustrie, wenn sie Franz Beckenbauer und Co. vors Mikrofon zerrten. In England dagegen hatte die Popkultur damals schon die Fantribünen erobert. Was Fangesang bewirken kann, ist am eindringlichsten bei „You´ll never walk alone“ zu spüren. Ein unschlagbarer Gänsehaut-Song. Noch immer am besten gesungen an der Anfield Road in Liverpool, aber mittlerweile auch in deutschen Stadien, wie zum Beispiel in Dortmund. Dagegen sind so einige Vereinshymnen der Bundesligavereine – textlich wie musikalisch – immer noch Ohropax-verdächtig.