Eigentlich ist die Bassposaune das ideale Soloinstrument für ein Orchesterkonzert. Denn wenn ein Orchester wirklich mal forte spielt, hört man im Violin- oder Cellokonzert vom Solisten nichts mehr. Steht ein Bassposaunist vor dem Orchester, sieht es anders aus, denn das dynamische Spektrum seines Instruments ist sehr viel größer. Dass man mit dem Tieftöner aber nicht nur laut spielen, sondern auch wunderbare Musik machen kann, wird Stefan Schulz am 18. März in der Laeiszhalle zeigen. Dann spielt der Bassposaunist mit den Philharmonikern das Konzert für Bassposaune und Orchester „subZERO“ von Daniel Schnyder.
Stefan Schulz ist es ein Herzensanliegen, sein Instrument endlich ins rechte Licht zu rücken. Dabei könnte sich der 40jährige bequem zurücklehnen. Er ist Mitglied der Berliner Philharmoniker und hat eine Professur an der Universität der Künste Berlin. Was will man mehr? „Ich mag die Arbeit im Orchester sehr. Zusammen mit der Bassgruppe das Fundament zu legen, ist eine interessante Aufgabe, und als Bassposaunist hat man schöne solistische Stellen, etwa in Haydns Schöpfung, in der Großen C-Dur-Sinfonie von Schubert oder in Bartóks Wunderbarem Mandarin. Aber natürlich habe ich nicht so viele Möglichkeiten wie ein Solo-Hornist oder ein Solo-Oboist. Nur im Orchester zu spielen wäre mir deshalb zu wenig.“
So macht Schulz Kammermusik und tritt als Solist mit Orchester- oder Klavierbegleitung auf. Gibt es denn überhaupt interessantes Repertoire? „Ich verstehe mich als Musiker, der etwas erzählen will und zufällig eine Bassposaune in der Hand hat. Musikalisch anspruchsvolle Originalstücke gibt es wirklich viel zu wenig, auch wenn zum Glück immer mehr Komponisten dem Charme des Instruments erliegen. So suche ich mir bei anderen Instrumenten die Werke, die ich spielen will. Schumanns Dichterliebe oder die Vier ernsten Gesänge von Brahms zum Beispiel sind ideal für die Bassposaune.“
Auf seiner Debüt-CD „Berlin Recital“ beweist Schulz in der Tat, dass man auf der Bassposaune ebenso klangschön wie virtuos spielen kann. Auf seiner zweiten CD „Around the World“ legt er nun nach: Mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielt er neben neuen Originalwerken des Schweizers Daniel Schnyder auch Flötensonaten von Vivaldi und ein Bach-Präludium. Und entlarvt damit die Worte von Hector Berlioz, dem Altmeister der Instrumentationskunst, als Unsinn. Der nämlich schrieb: „Man möge dem Bassposaunisten genügend lange Pausen zugestehen und sein Instrument mit extremer Zurückhaltung und gut durchdachter Intention einsetzen.“
Die Liebe zu den tiefen Tönen wurde Stefan Schulz vermutlich in die Wiege gelegt – sein Vater war Bassgitarrist beim Rundfunk der DDR. Schulz besuchte die Spezialschule für Musik in Ost-Berlin und lernte erst Klavier und Horn, ehe er mit 15 Jahren zur Posaune und wenig später zur Bassposaune kam. 1993 wurde Schulz Bassposaunist der Staatskapelle, 2002 wechselte er zu den Philharmonikern. Als Professor der UdK aber unterrichtet er sowohl Tenor- als auch Bassposaunisten.
Sind also die gängige (Tenor-) Posaune und die Bassposaune wirklich verschiedene Instrumente? „Sie unterscheiden sich nur in der Mensur. Die Bassposaune ist sehr viel größer, hat ein größeres Mundstück und einen größeren Schallbecher. Sie schafft viel mehr Klangvolumen. Wir müssen extrem effizient mit unserer Luft arbeiten, weil man wegen der großen Mensur viel Atem braucht, mehr als für die anderen Blasinstrumente. Jedes große Orchester hat eine eigene Bassposaunenstelle, und deshalb gibt es an der Hochschule eine spezielle Ausbildung, man arbeitet an anderer Literatur, anderen Orchesterstellen.“
Nicht nur neugierige Zuhörer wird es freuen, dass man Stefan Schulz nun auch im Großen Saal der Laeiszhalle als Solist erleben kann, sondern auch die Philharmoniker: Endlich können sie mal ein richtiges forte spielen.