Opern-Kritiken
Lesen Sie Opernkritiken von aktuellen Premieren, Uraufführungen und Saisonhighlights aus Deutschland und europäischen Metropolen verfasst von Experten.
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Wenn die Nachtwandlerin erwacht
(Mönchengladbach, 21.5.2023) Regisseur Ansgar Weigner befragt für seinen Bellini die vom Libretto unerledigten Nebenstränge der Handlung. Dirigent Mihkel Kütson legt sich mit den Niederrheinischen Sinfonikern spannungsgeladen ins Zeug.
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Ein paar Schnäpse für Wotan
(Dortmund, 20.5.2023) In Dortmund wird Peter Konwitschnys „Ring“-Projekt mit „Siegfried“ fortgesetzt. Der Altmeister hat in seiner in die Tiefe des Gefühls gehende Personenregie auch einige szenische Überraschungseffekte in petto.
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Postwagnerianisches Antiken-Bühnenfestspiel
(Erfurt, 20.5.2023) Als Finale seiner „Griechischen (Musiktheater-)Spielzeit“ präsentierte das Theater Erfurt eine echte Entdeckung: Felix Weingartners Trilogie „Orestes“ ging nach der Uraufführung 1902 in Leipzig und jahrelanger Entstehung über große deutsche Bühnen. In Erfurt bereichert sie jetzt das Kenntnisspektrum über das Musiktheater um 1900 beträchtlich.
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Symphonischer Radau, dezente Empathie
(München, 15.5.2023) Damiano Michieletto appelliert in seiner ersten Inszenierung an der Isar an Mitleid, Gedenken und politisches Bewusstsein. Daniele Rustioni lässt es am Pult des Bayerischen Staatsorchesters allzu fortissimofreudig krachen.
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Fleißarbeit für Filetstück
(Leipzig,11.5.2023) Weberscher Erfindungsreichtum trifft Mahlersche Instrumentationspikanterie: „Die drei Pintos“ sind ein Filetstück – gut abgehangen und trotzdem knackfrisch. Ein wichtiger Beitrag zur Mahler-Enzyklopädie.
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Fragwürdige Exotismen
(Köln, 6.5.2023) Modezar Christian Lacroix kreiert für Caesar einen Feldherrnmantel, der heißer Kandidat für das eindrucksvollste Kostüm der Spielzeit ist. Regisseur Vincent Boussard bedient für seinen Händel so einiges an exotischen Klischees, um sie stante pede wieder zu hinterfragen. Und das Gürzenich-Orchester unter Rubén Dubrovsky lässt sich tänzerisch und voller…
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Im Archiv der zeitlos Lebenden
(Wiesbaden, 30.4.2023) Im zweiten Teil des Janáček-Doppels am Staatstheater Wiesbaden gab Regisseur Nicolas Brieger Raum für spannende Assoziationen in der Dostojewski-Vertonung „Aus einem Totenhaus“, der gewählte Archivgedanke gelang aber nicht gänzlich.
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Von der Unerträglichkeit ewigen Lebens
(Wiesbaden, 30.4.2023) Zum Auftakt der Internationalen Maifestspiele gingen die Premieren eines Janáček-Doppels über die Bühne. Den Anfang machte mit „Die Sache Makropulos“ eine Satire über die Idee vom ewigen Leben, es folgte „Aus einem Totenhaus“. Als thematische Klammer setzte Regisseur Nicolas Brieger das Erleben von Zeit.
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Puppenhafter Zauber
(Dresden, 30.4.2023) Erstmals und sogleich exemplarisch ist an der Semperoper Monteverdis frühes Meisterwerk zu erleben: Dank Rolando Villazón in der Titelpartie, Wolfgang Katschner und seiner Berliner lautten compagney im Graben sowie Regisseur Nikolaus Habjan, der selbst entworfene Puppen integriert, die als Alter Egos das Seelenleben der menschlichen Darsteller spiegeln.
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Krasse weibliche Befreiungsakte
(Genf, 30.4.2023) Skandalregisseur Calixto Bieito, Dirigent Alejo Pérez und die fulminante Sängerdarstellerin Aušrinė Stundytė machen Schostakowitschs Opernschocker zum packenden Ereignis.
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Explosiv getanzte Zeitstücke
(Nürnberg, 29.4.2023) Tanz total! Die beiden vor Vitalität explodierenden Kurzstücke von Goyo Montero und Hofesh Shechter ergänzen sich perfekt: Dunkle Sinnlichkeit steht Tanz als Schnittstelle zum artifiziellen Hochleistungssport gegenüber.
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Lodernde Leidenschaft
(Athen, 25.4.2023) Primadonna assoluta Maria Callas wäre 100 Jahre alt geworden. Die Greek National Opera feiert sie wie kein anderes Theater der Welt. Und wagte es jetzt, mit Cherubinis „Medea“ ein Werk auf die Bühne zu bringen, für das die Diva ein bleibendes Rollenmodell schuf. Eine Sopranistin, die ihr nachfolgen…
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Durch die rosarote Brille
(Kiel, 22.4.2023) Als rosarot-verschachtelte Kritik an der Wegwerfgesellschaft inszeniert Julia Burbach Puccinis dritte Oper „Manon Lescaut“ am Theater Kiel.
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Circe ist die Beste
(Erfurt, 22.4.2023) Die Wiener Festoper von Gluck wird in der griechischen Saison des Theater Erfurt zum packenden Werk mit brillanten und betörenden Arien und einer Circe, die mit ihrem Stratosphärensopran vollends verzaubert.
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Zwischen Grün und Schottenkaro
(Paris, 17.4.2023) Robert Carsen inszeniert Georg Friedrich Händels „Ariodante“ nur mit regiehandwerklicher Routine. Harry Bicket und The English Concert bieten dafür im Graben des prunkvollen Palais Garnier einen geschmeidigen Händelsound.
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Selbstheilung in höchster Seelennot
(Düsseldorf, 16.4.2023) Regisseur Daniel Kramer hat Sigmund Freud genau gelesen und wendet die Erkenntnisse der Tiefenpsychologie in drastischen Bildern auf Korngolds einstigen Sensationserfolg an. GMD Axel Kober weiß genau, wo die Grenze zwischen Sentiment und bloßer Gefühligkeit verläuft.
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Evas trotziger Traum
(Linz, 15.4.2023) Zum Jubiläum „10 Jahre Musiktheater“ beschert sich das Landestheater Linz die Festtagsoper schlechthin und begeistert mit der spielerischen Leichtigkeit und Poesie der feministisch ambitionierten szenischen Interpretation – und einer musikalischen Lesart aus Mendelssohns Geist.
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Psychodrama mit großer Musik
(Köln, 14.4.2023) Perfekte Proportion von Gesang, Ausdruck, Spiel und Klang: Die Uraufführung des Boulez- und Berio-Schülers Arnaud Petit wird zum grandiosen Beweis für die Zukunftsfähigkeit der Kunstform Oper.
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Triumph für Benjamin Bernheim
(Zürich, 10.4.2023) Gekuschelt wird kaum in der „Roméo et Juliette“-Inszenierung des jungen amerikanischen Regisseurs Ted Huffman. Dafür betört ein Traumpaar des lyrischen Gesangs.
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Frauenbilder
(Baden-Baden, 1.4.2023) Das Festspielhaus Baden-Baden tritt zu seinen Osterfestspielen mit „Die Frau ohne Schatten“ an, bei der Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker für den musikalischen Glanz sorgen und sich Lydia Steier an diesem Opernmärchen der besonderen Art versucht.