Opern-Kritiken
Lesen Sie Opernkritiken von aktuellen Premieren, Uraufführungen und Saisonhighlights aus Deutschland und europäischen Metropolen verfasst von Experten.
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(K)eine Liebe in Zeiten des Fanatismus
(Dortmund, 6.11.2022) Halévys Grand Opéra „La Juive“ feierte am Theater Dortmund Premiere: nach einem Wechsel des Regisseurs mit metaphorischer Zurückhaltung in der Inszenierung und einer enorm starken Besetzung für die herausfordernden Partien.
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Die Fabel ist eine Lüge
(Weimar, 5.11.2022) Sternstunde mit Rätseln: In Rimski-Korsakows Oper „Der goldene Hahn“ verschwimmen die Kategorien von Politsatire, erotischem Mysterium und metaphysischem Märchentheater zu ganz großem Musiktheater, bei dem die Kategorien von Erfüllung und Sublimation durchlässig werden.
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Das Loch in der Treppe
(Leipzig, 29.10.2022) Mit „Undine“ von Albert Lortzing startet die Leipziger Oper in die neue Spielzeit und in eine neue Intendanz – musikalisch hochkarätig, szenisch missglückt.
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Masse mit Anti-Held
(Braunschweig, 29.10.2022) Mit der prägnanten Partitur von Steffen Schleiermacher und der tänzerischen Verve der Kompagnie von Gregor Zöllig ist die Choreographie zwar keine Alternative zu Wagners Musikdrama, als Tanztheater gewinnt „Siegfried – Eine Bewegung“ indes eigene Kraft.
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Müllsäcke und Nylonschnüre
(Hamburg, 23.10.2022) In seiner ersten Wagner-Inszenierung setzt Michael Thalheimer auf atmosphärische Abstraktion, die Psychologisierung der Protagonisten bleibt dabei oberflächlich. Generalmusikdirektor Kent Nagano steuert zu oft mit angezogener Handbremse durch die Sturmfluten in Wagners Partitur.
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Erotisches Martyrium im Märchenwald
(Eisenach, 23.10.2022) Der romantische Klassiker „Giselle“ gelingt am Landestheater Eisenach, wie es sein muss – als berührendes Märchen, veredelt mit hohem Können und bemerkenswerter Einfühlsamkeit. Andris Plucis wählt für den Meilenstein der Tanzgeschichte einen klugen Zugang zwischen Respekt und Anpassung der Rollenmuster des 19. Jahrhunderts an die Gegenwart.
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Erotische Burleske mit Herz
(Meiningen, 21.10.2022) Mezzo-Legende Brigitte Fassbaender ist auch als Regisseurin längst eine Institution. Ihre Rossini-Deutung steckt voller gepfefferter Pointen.
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Fidelio in der Handschrift einer Existenzialistin
(Wiesbaden, 16.10.2022) Die Sängerdarstellerinnen-Legende Evelyn Herlitzius gab am Staatstheater Wiesbaden mit Beethovens „Fidelio“ ihr Regiedebüt und übertrug ihre eigene kompromisslose Darstellungskunst in ein Regiekonzept.
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Ende gut – alles gut
(Bonn, 16.10.2022) Die Ausgrabung von Alberto Franchettis Oper „Asrael“ offenbart zwar eine krude Geschichte, dafür beglückt sie mit überbordernder Musik zwischen Wagner und Grand Opéra.
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Avatare leben länger
(Lyon, 11.10.2022) Das angesagte Regietalent David Hermann wagt Wagner mit einiger Ambition und weiß doch nicht genau, was er denn nun erzählen will. Musikdirektor Daniele Rustioni debütiert mit deutlich mehr Fortune im deutschen Fach.
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Forschen ohne Auftrag
(Berlin, 9.10.2022) An der Berliner Staatsoper Unter den Linden wurde der neue „Ring“ mit der „Götterdämmerung“ vollendet: Christian Thielemann wird im Kreise der Staatskapelle gefeiert wie sonst nur Daniel Barenboim, den er vertritt. Regisseur Dmitri Tcherniakov muss hingegen heftige Buhs einstecken.
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Wie die Zeit vergeht
(Berlin, 6.10.2022) An der Staatsoper Unter den Linden wurden das Orchester unter Christian Thielemann und die Protagonisten des neuen „Siegfried“ enthusiastisch gefeiert. Und die Regie von Dmitri Tcherniakov macht trotz manch mangelnder Logik immer wieder richtig Spaß.
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Unter Beobachtung
(Berlin, 3.10.2022) Auch „Die Walküre“ wird an der Staatsoper Unter den Linden zu einem musikalischen Ereignis, weil Christian Thielemann seinen Wagner feinschmeckerisch und klanggenüsslich zelebriert. Der Regieansatz einer geschlossenen Versuchsanordnung offenbart nun aber gewisse Grenzen.
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Weihe des Hauses
(Berlin, 2.10.2022) An der Staatsoper Unter den Linden beginnt der neue Nibelungen-„Ring“ mit einem vielversprechenden Vorabend. Dimitri Tchernikov inszeniert. Christian Thielemann springt für Daniel Barenboim ein.
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Die Zauberflöte als Erinnerungsraum
(Frankfurt, 2.10.2022) Mozarts immergrüner Repertoire-Reißer ist am frisch gekürten „Opernhaus des Jahres“ wie neu zu erleben: Die Handlung aus der Perspektive des gealterten Tamino zu erzählen, geht voll auf. Auch musikalisch ist alles zum Besten bestellt.
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Es wird kalt an der Komischen Oper
(Berlin, 23.9.2022) Der Spielzeitauftakt in der Eiswüste mit Luigi Nonos bekanntestem Bühnenwerk „Intolleranza 1960“ wird zu musikalisch exzellentem, höchst eindrucksvollem Mitdenktheater – und läutet die Zeit nach dem Abschied von Barrie Kosky ein.
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Vom Unverstand gelenkter Massen
(Gera, 16.9.2022) Musikalisch wie szenisch muss sich die kleine Bühne in Thüringen vor keiner Großstadt verstecken und holt Gottfried von Einems Oper „Dantons Tod“ mit Erfolg aus der Versenkung.
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Sevilla kunterbunt
(Hamburg, 17.9.2022) Trotz knallbunter Farbenpracht bleibt die Hamburger „Carmen“ von Regisseur Herbert Fritsch weitestgehend blass. Dirigent Yoel Gamzou verrennt sich in gewollten Kontrasten.
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Willst Du Taufe oder Terror?
(Genf, 15.9.2022) Das Regieteam um David Alden schöpft in seiner Deutung von Halévys den Kampf der Kulturen thematisierendem Meisterwerk aus dem Geist der Entstehungszeit. Marc Minkowski lotet mit dem Orchestre de la Suisse Romande die Zwischentöne der Grand Opéra aus. Das Sängerensemble triumphiert.
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Auf der Suche nach der Wahrheit im Untergrund
(Cottbus, 10.9.2022) Das Staatstheater Cottbus eröffnet die Saison mit einer ambitionierten Musiktheateruraufführung: Das literarische Großprojekt „Im Berg“ von Franz Fühmann wird von Sebastian Vogel und Thomas Kürstner vertont und von Librettist Armin Petras inszeniert.