Opern-Kritiken
Lesen Sie Opernkritiken von aktuellen Premieren, Uraufführungen und Saisonhighlights aus Deutschland und europäischen Metropolen verfasst von Experten.
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Tanz der Rocky Horror-Vampire
(Hannover, 25.3.2022) Mit allzu bunt konstruierten Ansätzen überfrachtet Ersan Mondtag Heinrich Marschners Opern-Rarität „Der Vampyr“. Dirigent Stephan Zilias wirkt dem entgegen und bringt immer wieder reinstes romantisches Musiktheater zum Vorschein.
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Unvereinbare Welten
(Halle, 19.3.2022) Nach 120 Jahren erklingt Ignacy Jan Paderewskis einzige Oper „Manru“ erstmals wieder in der deutschsprachigen Originalfassung. Regisseurin Katharina Kastening hält die szenische Umsetzung dabei in einfachen Konturen, Dirigent Michael Wendeberg stellt das Musikalische kraftvoll in den Vordergrund.
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Schlafsaal in Flammen
(München, 19.3.2022) Haydns „L’infedeltà delusa“ gerät vom Komödienspaß zur Internatstragödie. Musikalisch gibt es aber berechtigt viel Jubel.
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Der doppelte Rigoletto
(Lyon, 18.3.2022) Filmregisseur Axel Ranisch inszeniert seinen Verdi mit listiger Verschmitztheit, Neugierde und Freude am Spielerischen gleich zweimal. Daniele Rustioni erfindet die Partitur auch musikalisch neu.
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Hoffnung für die Vernunft der Menschheit
(Dresden, 12.3.2022) Intimes Theater als Psychogramm des Widerstands: Die Semperoper führt „Weiße Rose“ des im Herbst verstorbenen Komponisten und Intendanten Udo Zimmermann wieder auf.
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Die Rache der Eisprinzessin
(Hamburg, 13.3.2022) Regisseurin Yona Kim deutet Puccinis unvollendete letzte Oper mit feministischem Furor. Dirigent Giacomo Sagripanti hat es eilig, ins kraftstrotzende Finale einzubiegen.
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Außenseiter ohne Chance
(München, 6.3.2022) Stefan Herheim inszeniert an der Bayerischen Staatsoper in München Benjamins Brittens „Peter Grimes“.
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Ganz stilles und ganz großes Drama
(Dresden, 5.3.2022) Wagners Meisterdirigent Christian Thielemann debütiert mit Verdis „Aida“, die Katharina Thalbach in kunstvoll arrangierten Tableaus auf die Bühne bringt. Der Krieg in der Ukraine schwingt dennoch allgegenwärtig mit.
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Toxische Männlichkeit
(Athen, 5.3.2022) Robert Wilson bleibt seiner lichtdurchfluteten, artifiziellen Slow Motion-Ästhetik auch in Verdis Alterswerk treu. Doch der „Otello“ in Athens spektakulärem neuen Opernhaus gewinnt an diesem Abend dennoch ungeahnte tumultartige politische Aktualität.
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Hart, unsentimental und tieftraurig
(Gießen, 19.2.2021) Musiktheater als emotionaler Extremwinter ohne Frostschutzmittel: Charles Wourinen, der amerikanische Komponist finnischer Abstammung, vertonte die Story einer utopiefreien schwulen Liebe nach dem gleichnamigen Film schonungs- und kompromisslos. Cathérine Miville inszeniert die Annäherung der beiden Männer mit subtiler Körperlichkeit.
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Schicksalsjahre einer Prinzessin
(Meiningen, 18.2.2022) Die aufregendste mitteldeutsche Opernentdeckung aus dem 19. Jahrhundert seit Jahren: Der komponierende Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha verfügte über packende musikdramatische Stoßkraft, schuf ein zwischen Rossini, Auber, Meyerbeer und Marschner lustwandelndes Opus – ein Muss für Freunde des 19. Jahrhunderts, das weltweit nur hier zu erleben…
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Woody Allen goes Musical
(Leipzig, 12.2.2022) Als Jukebox Musical lebt die Verpflanzung von Woody Allens Film auf die Musiktheaterbühne von authentischem Jazz der Roaring Twenties. Während die Musik und die Choreographien furios zünden, bleibt die Personenregie mitunter blass.
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Todesgewisse Rauschhaftigkeit
(Magdeburg, 10.2.2022) Eugen Engels Musik ist stark, dabei tief im Fin de Siècle verhaftet und voller chromatischem Berauschungsklang. Für die posthume Uraufführung seiner Oper definiert Regisseurin Olivia Fuchs das immense Spannungsfeld des Werks, die dirigierende Entdeckerin Anna Skryleva entflammt Ensemble und Orchester vollends für die enorme Neuentdeckung.
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Die Welt aus den Fugen
(Berlin, 30.1.2021) Regisseur und Bühnenbildner Ersan Mondtag hat Rued Langgaards oratorische Oper „Antikrist“ bildgewaltig als Gesamtkunstwerk in Szene gesetzt.
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Emanzipatorische Frauenpower
(Lübeck, 28.1.2022) Ergreifend und wirkungsvoll ist die Lübecker Neuinszenierung von Puccinis „Madama Butterfly“ vor allem dank eines starken Ensembles und Orchesters, das GMD Stefan Vladar zu Bestform inspiriert. Regisseur Ezio Toffolutti meidet die Kitschgefahr der Handlung geschickt.
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Traumbilder in Weiß
(München, 27.1.2022) Stefano Podas hoch ästhetischer Offenbach-Geniestreich muss nicht alles benennen und entscheiden, er kann seine Deutung in den mal milchig verschleierten, mal scharf ausgeleuchteten Valeurs des Weißen vielsagend in der Schwebe halten.
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Regressives Zurück in die Zukunft
(Genf, 25.1.2022) Der im Schauspiel als Regiestar gefeierte Ulrich Rasche wagt sich erstmals an eine Oper – und scheitert auf visuell sehr hohem Niveau. Dirigent Jonathan Nott kreiert dazu als kreativen Kontrapunkt eine subtile Sinfonie mit Singstimmen.
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Menschliche Wesen mit göttlichem Auftrag
(Dresden, 22.1.2022) Die Semperoper schlägt mit der Uraufführung von Torsten Rasch einen maximal gespannten Bogen vom Alten Testament in die Gegenwart.
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Orpheisches Zank- und Glücksmysterium
(Berlin, 23.1.2022) David Bates steigert die geniale Gluck-Partitur zum Thriller, Damiano Michielettos Regie steht Harry Kupfers legendärer Inszenierung von 1987 in nichts nach. Ein Triumph auf ganzer Linie.
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Freitonaler Puderzucker
(Dresden, 18.1.2022) Die deutsche Erstaufführung von Chaillys „Die kahle Sängerin“ beweist vor allem, dass Ionesco durch kompositorische Belanglosigkeit nicht totzukriegen ist. Ein hochachtbarer Pyrrhus-Sieg.