Opern-Kritiken
Lesen Sie Opernkritiken von aktuellen Premieren, Uraufführungen und Saisonhighlights aus Deutschland und europäischen Metropolen verfasst von Experten.
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Einfach magisch
(Genf, 27.10.2023) Die Zutaten aus der Zauberkiste des Daniele Finzi Pasca wirken Wunder, um Ástor Piazzollas „Tango operita“ jenseits der Klischees der Bars und Bordelle von Buones Aires in ein zeitloses Gesamtkunstwerk von unglaublicher Schönheit zu transformieren.
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Stehoper als Psychodrama
(Wuppertal, 22.10.2023) Die größten Helden des Abends sind das Sinfonieorchester Wuppertal und dessen Chef Patrick Hahn. Der Mehrwert von Martin Anderssons wogenden Videowelten in „Tristan und Isolde“ bleibt hingegen begrenzt.
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Mozart-Lichtblick in München
(München, 22.10.2023) Regisseur Josef E. Köpplinger schafft mit seiner neuen „Zauberflöte“ am Gärtnerplatztheater möglicherweise einen neuen Münchner Standard. Ensemble und Orchester setzen musikalische Glanzpunkte.
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Himmlische Hölle, höllischer Himmel
(Münster, 21.10.2023) Musikalisch beweist Franz Schrekers letzte Oper Großformat – dank des Sensoriums von Kapellmeister Henning Ehlert und des Sinfonieorchesters Münster für Schrekers Selbstparodien seines früheren Stils.
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Hokus Pokus Fidibus
(Detmold, 21.10.2023) Das einzige international bedeutende schweizerische Werk für das musikalische Unterhaltungstheater ist eine famose Wiederentdeckung, für die Milena Paulovics grundmusikalisch alle Regie-Register zieht: Sie nimmt Paul Burkhards 1950 am Münchner Gärtnerplatztheater uraufgeführtes mixtum compositum als Steilvorlage.
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Die Schuhe der Färberin
(Lyon, 17.10.2023) Der genialische Musikdirektor Daniele Rustioni schärft die Modernität des märchenhaften Wunderwerks von Richard Strauss. Regisseur Mariusz Treliński setzt auf einen symbolischen Realismus von großer psychologischer Dichte. Das Quintett der Hauptpartien triumphiert.
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Melodienseliges Spätwerk
(Annaberg, 14.10.2023) Lange Zeit war er ebenbürtiger Rivale Puccinis, nun feiert der 1942 verstorbene italienisch-jüdische Komponist Alberto Franchetti seine Renaissance – mit einer posthumen Uraufführung.
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Revolte im Theater
(Kassel, 13.10.2023) In der Raumbühne des Staatstheaters Kassel ist die Carmen los – Intendant Florian Lutz hat das Spektakel inszeniert. Mitmachtheater inklusive.
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Don Juan als weibliches Kopfkino
(Graz, 8.10.2023) Die slowenische Komponistin Nina Šenk gewinnt den 8. Johann-Joseph-Fux-Opernkompositionswettbewerb des österreichischen Bundeslandes Steiermark. Ihre die „Don Juan“-Legende aus weiblicher Perspektive erzählende Oper besticht durch subkutane Sinnlichkeit, berückende instrumentale Klangfarben und einen berührenden zeitgenössischen Belcanto.
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Eine musikalische Offenbarung
(Dresden, 7.10.2023) Mit Giacomo Puccinis Schwanengesang „Turandot“ eröffnet Intendant Peter Theiler seine letzte Saison an der Semperoper Dresden. Die überragende musikalische Qualität kommt dabei einer Offenbarung gleich – und überstrahlt am Ende die inszenatorischen Mängel.
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Im Licht verirrt
(Berlin, 3.10.2023) Calixto Bieito, der einstige Regieberserker, setzt in Verdis Ägyptenoper auf die Intimität des Kammerspiels; doch seine „Aida“-Inszenierung verebbt schnell als gewolltes Thesentheater. Zum Glück ist die Besetzung vom Feinsten – und Maestro Nicola Luisotti weiß genau, worauf es bei Verdi ankommt.
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Um die Freiheit spielen
(Frankfurt am Main, 1.10.2023) Frankfurts neuer GMD Thomas Guggeis und das Opern- und Museumsorchester finden sich in „Le nozze di Figaro“ bestens aufgelegt zusammen, das Ensemble ist grandios. Und die Inszenierung von Tilmann Köhler betont klug die egalitären Züge des Werks.
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Liebe hält die Welt zusammen
(Aachen, 30.9.2023) Die Eröffnungspremiere der ersten Spielzeit unter seiner neuen Intendantin Elena Tzavara gestaltet sich mit Henry Purcells und John Drydens Semioper „King Arthur“ zu einer die Musik- und Sprechtheaterensembles vereinenden Aachener Leistungsschau.
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Das Leben als Apokalypse
(Erfurt, 30.9.2023) Seine „Uferlos“-Spielzeit zum Thema Wasser eröffnet das Theater Erfurt mit Benjamin Brittens Oper „Peter Grimes“. Die Inszenierung von Marin Blažević besticht mit fein ausgearbeiteter Personenführung.
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Eine verbotene und viele offene Fragen
(Wiesbaden, 24.9.2023) Die Spielzeit am Staatstheater Wiesbaden wurde mit der „Lohengrin“-Inszenierung von Schauspielregisseurin Henriette Hörnigk eröffnet, die damit im Opernfach debütiert und leider nicht mit allen Bezügen zu den 1930er Jahren für Aufklärung sorgt.
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Wer brav gehorcht, schafft keine Revolution
(Hannover, 24.9.2023) Der isländische Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson lässt in Wagners Weltabschiedswerk „Parsifal“ bildmächtig Archetypen mit der Gegenwart verschmelzen und macht neugierig auf sein Bayreuth-Debüt im kommenden Jahr.
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Wenn sich Kinder nach Eltern sehnen
(Köln, 17.9.2023) Das Mutterschafts-Märchen-Monstrum von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal verschafft der Oper Köln einen bewegenden Start in die neue Spielzeit: Im Staatenhaus nutzt das Regieteam um Katharina Thoma seine Chance jenseits allen Überwältigungsbrimboriums voll. Marc Albrecht am Pult des Gürzenich-Orchester Köln sorgt für vergnügungssteuerpflichtiges Schwelgen.
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Ein Ende durch die Wende
(Hamburg, 17.9.2023) Frank Castorf inszeniert einen etwas umständlichen „Boris Godunow“ ohne echte Brisanz. Die männlich geprägte Sängerschaft und das Philharmonische Staatsorchester unter Kent Nagano halten das musikalische Niveau hoch.
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Vom Zauber des historischen Heute
(Genf, 15.9.2023) Die Schärfung der politischen Implikationen des Verdi-Werks in der fünfaktigen französischen Fassung – bei Beachtung der genuinen Magie der Musik – schafft Regisseurin Lydia Steier fast ganz ohne erhobenen Regiezeigefinger. Auf der Bühne steht so etwas wie eine sängerische Idealbesetzung.
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Böse Bilder aus der Romantik
(Meiningen, 15.9.2023) Regisseurin Yona Kim und Bühnenbildner Jan Freese bedienen sich mit einem schon enzyklopädischen Zeichenvorrat aus der Romantik-Schatzkammer, um Richard Wagners Frühwerk gerecht zu werden. Der neue Generalmusikdirektor Killian Farrell lässt sich mit der Meininger Hofkapelle voll auf das Abenteuer eines überbordend komponierenden jungen Gesamtkunstwerkers ein. Die Sängerschar triumphiert.