Er scheint unverzichtbar! Seit 1998 ist Daniel Hope das Gesicht der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern: jährlich dabei, als Meistergeiger wie innovativer Programmgestalter hochgeschätzt, begeistert gefeiert als Publikumsliebling. Am vergangenen Freitag war er im rappelvollen Greifswalder Dom St. Nikolai zu erleben, und die Erwartungen waren entsprechend hoch. Wie auch nicht, hatte er doch ein höchst repräsentatives „Mitbringsel“ im Gepäck, nämlich das Zürcher Kammerorchester. Und ein Programm, in dessen Zentrum sich Greifswald als Geburtsort des wohl berühmtesten romantischen Malers wiederfand: Caspar David Friedrich. In dessen 250. Geburtsjahr hat sich Komponist Christian Jost im Auftrag der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und der Stadt Greifswald zu Friedrichs berühmten Bild „Das Eismeer“ eine dreisätzige konzertante Dichtung für Saxofonquartett, Vibrafon und Streicher einfallen lassen.
Eine Uraufführung also, deren musikalischer Rahmen mit Edward Elgars Introduktion und Allegro für Streicher op. 47 und Peter Tschaikowskis C-Dur-Serenade op. 48 recht passend gewählt schien: Mithin romantisch attraktive Musik, denen es die Gäste weder an Energie und Kraftfülle noch an filigraner Zartheit, weder an rauschhafter Klanggestik noch an delikater Noblesse fehlen ließen. Dass dem Dom eine nicht unproblematische Akustik eignet, sei nur kurz vermerkt.
Wirkungsvolle Klangfarben
Dies alles Kennzeichen einer Musik und einer Haltung, die auch Christian Jost für sich reklamiert: Er sei ein Gefühlsmensch, sogar Romantiker, und Friedrichs Bild tödlicher Eiseskälte und -stille habe ihn als Endpunkt einer Tragödie sofort ergriffen – und zur „Erzählung“, ja Dichtung, nicht gemalter Ereignisse veranlasst. Das tut er klanggewaltig, ungemein ausdrucksintensiv und fesselnd. Er illustriert nicht, er „erzählt“ und verlangt ein aufmerksames, die vorherrschend großflächige, aber innerlich ungemein bewegte und bewegliche Klanglichkeit sehr differenziert „durchdringendes“ Hören. Seine Sprache: klangfarblich wirkungsvoll (man denke an die Besetzung), vielschichtig, von geschärfter Dichte, tonal, atonal, oft geräuschhaft, dynamisch enorm differenziert, ausgesprochen gestisch und von pulsierender Lebendigkeit: Qualitäten, die sich sehr direkt mitteilten und im Dom langanhaltende Begeisterung provozierten – samt einer Teilwiederholung. Der frenetische Dank galt natürlich den fulminant musizierenden Streichern, dem fantastischen SIGNUM saxophone quartet und dem Vibrafonisten Lukas Böhm. Komponist Jost am Pult dürfte sehr zufrieden gewesen sein.