Was für eine Kollaboration: Das Ensemble Resonanz als Hamburger Institution für raffinierte Konzertprogramme und der RIAS Kammerchor als Berliner Instanz für perfekten Kammerchor-Klang kamen für ein mutig kuratiertes Programm zusammen. Nach der Premiere in der Berliner Philharmonie am Vortag gastierten die Akteure in der gut gefüllten Hauptkirche St. Nikolai in Hamburg. Bereits die erste Konzerthälfte geriet zum spannungsgeladenen Höhepunkt. Die Sätze von Dmitri Schostakowitschs Kammersinfonie c-Moll, in der Fassung für Streichorchester von Rudolf Barschai, wurden mit Sätzen aus Maximilian Steinbergs „Passionswoche“ für Kammerchor verschränkt.
Dieser dramaturgische Kniff konnte gelingen, denn die russischen Chorsätze nach alten Kirchengesängen ergänzten sich mit Schostakowitschs quasi-religiösem Werk – er deutete es selbst stets als Requiem – zu einer sakralen Einheit, die im zweiten Teil ihre Fortsetzung fand. Der Chefdirigent des RIAS Kammerchores Justin Doyle holte aus dem präzise aufspielenden Ensemble Resonanz alles heraus. Sorgfältig arbeitete er Dynamik, Artikulation und Stimmungen des ehemaligen Streichquartetts heraus. Auch der Chor präsentierte sich in Bestform.
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Das Leiden der Mutter herausgeschrien
Nach der Pause erklang James MacMillans „Stabat mater“-Vertonung. Sphärische Klänge, intensive Streicherteppiche, perkussive Einlagen aus dem Orchester im Austausch mit den lautstarken bis fein ziselierten Tönen des Chores, die immer wieder mit beeindruckenden Soli aufbrechen. Das Leid der Mutter Jesu sang, rief und schrie der Chor in den sakralen Raum. Wie Doyle mit der Bass-Sektion des Orchesters arbeitete, wie er die Spannung zwischen Chor und Orchester aufrechterhielt, dezent durch das groß angelegte, dichte Werk führte, lässt die wahre Meisterschaft des versierten Chorleiters erkennen. Dass das Ensemble Resonanz nur aus Streichern besteht, geriet in den Hintergrund.
Auch hier wuchs das Ensemble über sich hinaus und ließ die Vielfarbigkeit der Komposition erblühen. Den Solisten, die aus dem Chor und dem Orchester besetzt wurden, beiden Ensembles und vor allem dem Leiter des intensiven Abends sowie der Programmgestaltung an sich gebührt vollste Anerkennung. Das Publikum folgte aufmerksam Doyles weichem und elektrisierendem Dirigat bis zum letzten Ton und zeigte seine Begeisterung und Ergriffenheit mit Bravi, Standing Ovations und langem Applaus.