Startseite » Konzert » Zugfahrt durch Menschenlandschaften

Komische Oper Berlin: „Üçüncü Mevki – Im Wagen dritter Klasse“

Zugfahrt durch Menschenlandschaften

Die Komische Oper Berlin nimmt ihre Zuschauer mit auf eine Zugfahrt, bei der nicht die Landschaft, sondern die Reisenden im Mittelpunkt stehen, vorgestellt durch Musik und Poesie.

vonIrem Çatı,

Die Komische Oper Berlin setzt wie kaum ein anderes Opernhaus in Deutschland auf interkulturelle Konzertformate und Projekte wie „Selam Opera!“, um ein möglichst internationales und gerne auch nicht-opernaffines Publikum anzulocken. Mit seinem neuen Projekt „Üçüncü Mevki – Im Wagen dritter Klasse“ nimmt das Opernhaus seine Zuschauer mit auf eine kulturelle Reise, genauer gesagt eine Zugfahrt. Mit im Gepäck: die international bekannte türkische Musikgruppe Kardeş Türküler, die bereits 2016 Teil des an der Komischen Oper realisierten „Türk Müzik Festivali“ war sowie zwei Schauspieler. 

Ausgangspunkt dieser Reise frei von Ort und Zeit, sind sowohl Nâzım Hikmets fünfbändiger Gedichtzyklus „Memleketimden İnsan Manzaraları“ (Menschenlandschaften) sowie Erich Kästners „Das Eisenbahngleichnis“. Während Nâzım Hikmets Gedichte unterschiedliche Menschen auf einer tatsächlichen Zugfahrt im Wagen dritter Klasse porträtieren, ist Kästners Zug eher als Reise des Lebens zu betrachten. „Diese Vorstellung hat uns sehr gut gefallen“, erzählt Schauspieler Cüneyt Yalaz. Gemeinsam mit Mezzosopranistin und Ensemblemitglied der Komischen Oper, Maria Fiselier trägt er die Gedichte vor. 

Cüneyt Yalaz
Cüneyt Yalaz

Hinzu kommen einige Werke von Bertold Brecht, Nelly Sachs, Else Lasker-Schüler, Şerko Bekes und anderen. Vorgetragen werden sie auf Türkisch, Deutsch, Kurdisch und Armenisch. „Wir hätten gerne noch mehr Sprachen wie Griechisch und Lasisch mit ins Repertoire genommen, aber wir haben im Team leider niemanden, der sie vortragen könnte“, sagt Yalaz lachend. In „Üçüncü Mevki“ fließen die Gedichte in die Musik von Kardeş Türküler ein. Dafür haben sich die Musiker nicht nur aus ihrem bestehenden Repertoire bedient, Tolga Zafer Özdemir, der bereits viel und eng mit dem Ensemble zusammengearbeitet hat, hat für das Projekt eigens eine Ouvertüre komponiert sowie die typischen Geräusche einer Zugfahrt vertont. Unterstützung bekommen die Musiker außerdem von einem zehnköpfigen Team aus dem Orchester der Komischen Oper.

„Wir sehen alle Menschen als Brüder“

Während dieser besonderen Zugfahrt treffen die Zuschauer auf die Lokomotivführer İsmail und Aladdin, eine deutsche Mutter, die ihren Sohn im Krieg verloren hat, einen Griechen, der aus der Türkei fliehen musste und viele andere Charaktere, die mit viel Einfühlsamkeit und Emotionalität von Cüneyt Yalaz und Maria Fiselier verkörpert werden. „Der Hintergrund des Projekts steckt eigentlich in der Idee von Kardeş Türküler selbst: Wir sehen alle Menschen als Brüder und möchten den Dialog und Austausch zwischen unterschiedlichen Völkern und Kulturen fördern“, erklärt der Schauspieler.

„Die Zusammenarbeit mit der Komischen Oper, insbesondere mit dem Chefdramaturgen Ulrich Lenz hat dem ganzen eine neue Farbe gegeben. Nicht nur gibt es einen Austausch zwischen der Türkei und Deutschland, sondern auch zwischen traditioneller und klassischer Musik.“ So stellt sich „Üçüncü Mevki“ also als ein fast genauso grenzenloses Projekt heraus, wie die darin begangene Zugreise selbst.

Auch interessant

Rezensionen

  • Dirigierte 2000 zum ersten Mal die Sächsische Staatskapelle Dresden: Daniele Gatti
    Interview Daniele Gatti

    „Es gibt nichts Vergleichbares“

    Der italienische Dirigent Daniele Gatti übernimmt ab der nächsten Spielzeit den Chefposten bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!