Es klingt wie ein Widerspruch, ein so freudiges Ereignis wie den Saisonstart der Internationalen Bachakademie Stuttgart mit Trauermusiken zu eröffnen. Im Abstand von sechs Jahren verstarb zwischen 1727 und 1733 das sächsische Kurfürstenpaar. Während der Thomaskantor Johann Sebastian Bach eine Trauerode für die Leipziger Trauerfeier zu Ehren der in Sachsen sehr populären Kurfürstin Christiane Eberhardine schrieb, komponierte Jan Dismas Zelenka sein Requiem für die offiziellen Trauerfeierlichkeiten des in Warschau verstorbenen August „den Starken“. Dieser war 1697 für die polnische Königswürde zum Katholizismus konvertiert. Daraus sind zwei Glaubens- und zwei Musikkulturen in Sachsen entstanden und gleichzeitig eine Spaltung, die den Landesherren von seinen Untertanen entfremdete. Ganz anders hingegen die Kurfürstin, die sich bis zuletzt einer Konversion widersetzt und zeitlebens polnischen Boden nicht betreten hatte. Dieses Konzert vereint die herausragenden Werke zweier Komponisten, die sich gegenseitig kannten und schätzten, auch wenn sie letztendlich für völlig unterschiedliche Kulturkreise ihrer Zeit stehen.
Genau diese sich gegenseitig inspirierenden Verbindungen werden auch in der neuen Konzertreihe „Hin und Weg!“ geschlossen. Sie führt die Gaechinger Cantorey an ungewöhnliche Orte der Stadt und experimentiert mit der Wirkung von Bachs Musik im Raum. „Hin und Weg!“ stellt jeweils eine Bach-Kantate in den Mittelpunkt, die von Akademieleiter und Dirigent Hans-Christoph Rademann moderiert und erklärt wird. Gemeinsam mit der Gaechinger Cantorey sowie den Solisten Isabel Schicketanz, Christopher Renz und Martin Schicketanz eröffnet die neue Reihe mit Bachs Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ in den Wagenhallen, die ein Ort der Begegnung werden sollen. Die Besucher sind nach dem Konzert eingeladen, den Abend gemeinsam mit den Musikern ausklingen zu lassen.
Die Bachakademie Stuttgart schreibt ein neues Kapitel in ihrer Geschichte
Mit einer „Pilgerfahrt ins Bachland“ schreibt die Bachakademie ein weiteres neues Kapitel in ihrer Geschichte: An den original Thüringer Wirkungsstätten von Bach erklingen seine bedeutendsten Werke. Mit diesen Konzerten soll an den historischen Bachorten Eisenach, Dornheim, Weimar und Arnstadt ein Dreiklang aus Musik, Architektur und Landschaft entstehen.
Übrigens: Freunde des Musikfest Stuttgarts dürfen sich schon auf nächsten Juni freuen, denn ab dann findet das Musikfest Stuttgart wieder jährlich statt. Das nächste Musikfest wird vom 12. bis 28. Juni 2020 erstmals in neuem und größerem Format begangen. „Heilignüchtern“ lautet das Motto im Beethoven-Jahr – das für die Bachakademie Anlass ist, noch einen weiteren Jubilar zu feiern: Friedrich Hölderlin, der ebenfalls 250 Jahre alt geworden wäre.