Aus den größten Krisen erwachsen noch größere Kunstschöpfungen. Diese recht zynische Wahrheit wird seit Menschengedenken durch immer neue Werke bestätigt. So war es auch mit dem Becker-Psalter: 1628 veröffentlichte Heinrich Schütz 92 Tonsätze zu den vom Theologen Cornelius Becker ins Deutsche übersetzten Psalmen. Der Komponist fand in diesen Texten Trost, nachdem seine Ehefrau verstorben war. Wie wichtig Schütz dieses im Angesicht der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges angefertigte Kompendium war, zeigt sich darin, dass er über dreißig Jahre später seine dritte Überarbeitung anfertigte.
Erstaunlicherweise gibt es bis heute keine Gesamteinspielung der 150 Psalm-Vertonungen. Diese Lücke wollen nun die Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürigen e. V. (MBM) und der Verband Deutscher KonzertChöre e. V. (VDKC) schließen und beauftragen mit der Gesamtaufnahme: die deutsche Gesangsszene. Laien wie Profichöre, Vokalensembles und Sänger aus aller Welt sind eingeladen, Teile des Becker-Psalters in Ton und Bild aufzunehmen, um dann an Schütz’ 350. Todestag zumindest einen Großteil der Gesamteinspielung vorliegen zu haben. Das Projekt mit dem Namen open_psalter als Teil des Festjahres Schütz22 ist damit auch ein spannender Beitrag zum Jahr der Chöre, das ebenfalls 2022 begangen wird. Das Kompendium an Kirchenliedern ist dafür denkbar geeignet, denn die Melodien und Sätze sind zugleich kunstvoll und leicht singbar.
Weitere Informationen zum Projekt sowie zur Teilnahme gibt es unter www.open-psalter.de