Zweifellos gehört Thomas Selle zu den Barockkomponisten, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Heutzutage wird er kaum noch gespielt oder gar wahrgenommen. Dabei prägte er während des Dreißigjährigen Krieges vor allem in Hamburg das Musikleben seiner Zeit, wo Selle ab 1641 als Kantor am Johanneum und als Musikdirektor der damals noch vier Hauptkirchen tätig war.
Thomas Selle und der deutsche Barock
Musikhistorisch betrachtet war Selle aber nicht nur für die Hansestadt von Bedeutung. So vertonte er zum Beispiel viele Dichtungen von Johann Rist als generalbassbegleitete Sololieder und prägte damit die Frühgeschichte des deutschen Liedes. Und dank einer Reihe von Historien sowie einiger Vertonungen des Passionsberichts nach dem Johannesevangeliums brachte er die Geschichte und Entwicklung der oratorischen Passion maßgeblich voran.
Unter dem Titel „Opera omnia“ hinterließ Thomas Selle der Stadt Hamburg seinen gesamten musikalischen Nachlass in sechzehn Stimmbüchern und drei Tabulaturbänden, die seit 1663 in der Staats- und Universitätsbibliothek der Elbmetropole aufbewahrt werden.
Forschungsprojekt zur Gesamtausgabe
Gut vierhundert Jahre später startete dort ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die sich darum kümmert, dass Selles bisher nur handschriftlich überlieferte Gesamtausgabe seiner geistlichen Musik bald auch komplett als moderne Notenausgabe vorliegt. Und das nicht nur auch in digitaler Form, sondern zusätzlich kostenfrei zugänglich für alle Interessierten.
In der Sendung „Welt der Musik“ beschäftigt sich Dagmar Penzlin heute um 20 Uhr auf NDR Kultur mit genau diesem Forschungsprojekt rund um die Werke Thomas Selles und beleuchtet die Entstehungsgeschichte der digitalen Gesamtausgabe.
Motette „A Domino factum est illud“ von Thomas Selle:
concerti-Tipp:
Welt der Musik
Ein großer Unbekannter – Der Komponist Thomas Selle
Mo. 22.1., 20 Uhr
NDR Kultur