Es ist eine Sozialgroteske in abscheulichsten Bildern, die Andreas Kriegenburg vor zehn Jahren auf die Bühne des Nationaltheaters wuchtete. Zur damaligen Premiere gab es eine Münchner Seltenheit: Der Regisseur wurde nicht ausgebuht, sondern frenetisch gefeiert. Zu bezwingend, zu zeitlos, zu schockierend ist die Inszenierung, für die der Bühnenboden mit Wasser geflutet wird. Doch obwohl das menschliche Elend und seine Abgründe in all seiner Grässlichkeit gezeigt werden, verzichtet der Regisseur auf jedwede Splattereffekte. Manchmal reicht eben einfach eine Reihe heruntergekommener Gestalten, die Schilder um den Hals tragen, auf denen „Arbeit“ steht, um den ganzen Schrecken der Armutsmisere zu zeigen.
Klassiker an der Bayerischen Staatsoper im Livestream: „Wozzeck“
Inzwischen ist die Inszenierung zu einem Klassiker an der Bayerischen Staatsoper avanciert, wobei dies freilich nicht nur an Kriegenburgs großem Regiewurf lag, sondern vor allem am „Wozzeck“-Sujet selbst und der Vertonung durch Alban Berg, die Armut und Ausbeutung als allgegenwärtigen Bestandteil menschlicher Zivilisation betrachtet: einen sich selbst zugrunde richtenden Wozzeck, einen gewissenlosen Tambourmajor, einen überhetzten Arzt, dem für das Wohl der Menschheit das Wohl des einzelnen Menschen herzlich egal ist, wird es eben immer geben.
Bei der Vorstellung, die die Bayerische Staatsoper im Livestream überträgt, übernimmt Harmut Haenchen die musikalische Leitung, Christian Gerhaher ist als Wozzeck zu erleben, Gun-Brit Barkmin übernimmt die Rolle der Marie.
Sehen Sie hier den Trailer zu „Wozzeck“ an der Bayerischen Staatsoper:
concerti-Tipp:
Sa. 23.11., 19:00 Uhr
Livestream auf:
www.staatsoper.tv