Nein, schön war er nicht. Dafür kulturell und wissenschaftlich so interessiert, dass während seiner Regentschaft die Musik sowie das Bau- und Universitätswesen florierten. Obwohl Leopold I. (1640-1705), Habsburger Kaiser, mit seiner religiösen Bescheidenheit recht beliebt bei seinem Volk war und viele Kriege für sich gewinnen konnte – insbesondere die Schlacht vor Wien gegen das Osmanische Reich –, wähnte er sich doch in ewiger Konkurrenz mit dem gleichaltrigen französischen Sonnenkönig Ludwig XIV.
Als zweiten Sohn Kaiser Ferdinand III. war für Leopold eine Karriere als Geistlicher vorgesehen. Nach dem plötzlichen Tod seines Bruders und kurz darauf seines Vaters musste er jedoch ohne politische Vorerfahrung als Nachfolger und Kaiser einspringen. Berief er sich zunächst noch auf die Hilfe seiner Berater, emanzipierte er sich bald und fand in der Kunst schnell ein geeignetes Mittel, sich nach Außen hin zu profilieren.
Eine der längsten Opern aller Zeiten
Insbesondere in der Musik wollte Leopold I. seinem französischen Gegner in nichts nachstehen und investierte Unmengen in seine Hofkapelle – nicht nur in opulente Bühnenbilder, sondern auch in Kompositionen von Bertali, Sances, Draghi oder Schmelzer. Dadurch förderte er das höfische Musikleben und trug sogar mit eigenen Kompositionen zu einem vielfältigen Repertoire bei. Insgesamt sind von ihm rund 80 geistliche und 160 weltliche Werke wie Oratorien, Ballette oder deutsche Singspiele erhalten geblieben. Gleichzeitig war er ein außerordentlich begabter Cembalist.
Insbesondere der italienischen Oper war Leopold I. zugetan. Zahlreichen zeitgenössischen Komponisten und ihren Werken gab der Kaiser eine Plattform, so dass während seiner Regentschaft rund 400 Opern entstanden. Während Ludwig XIV. den gebürtigen Italiener Jean-Baptiste Lully an seinem Hofe beschäftigte, stellte Leopold I. Antonio Cesti als Hofkomponisten ein. Dieser komponierte für die Hochzeit des Kaisers mit der spanischen Infantin Margarita Teresa seine wohl berühmteste Oper „Il pomo d’oro“. Mit insgesamt fünf Akten und siebenundsechzig Szenen zählt diese bis heute zu den längsten Opern überhaupt.
Werkverzeichnis der Kompositionen Leopold I.
NDR Kultur nimmt in einem Feature die Zuhörer mit in die bunte und theatralische Welt des Kaisers. Zu Gast in der Sendung ist der Herausgeber der Leopold-Werkausgabe Jörg Jacobi. Im Rahmen seiner Masterarbeit an der Hochschule für Künste Bremen brachte Jacobi aus Wiener Archiven zahlreiche Kompositionen Leopolds I. ans Tageslicht. Auch dieser Arbeit ist es zu verdanken, dass heute eine Vielzahl seiner Werke bekannt ist.
Hören Sie Musik von Johann Heinrich Schmelzer während seiner Zeit als Hofkomponist und Kapellmeister:
concerti-Tipp:
Sa. 1.12.2018, 20:05 Uhr
Kaiser und Komponist – Oper am Hof Leopolds I.
NDR Kultur