Ob in Kaufhäusern, Parkhäusern, Bahnhöfen oder Restaurants – fast täglich tönt sie einem entgegen. Die Flucht vor ihr ist vor allem in Großstädten unmöglich. Die Rede ist von Hintergrundmusik, liebevoll-abwertend nach ihrem einst bevorzugten Einsatzort auch Fahrstuhlmusik genannt. Möglichst unauffällig, das letzte bisschen Stille tunlichst raumfüllend verdrängend, ist die einzige Aufgabe dieser Musik, Atmosphäre zu erschaffen. Elektronische Loungeklänge, Jazzstücke, sinfonische Kompositionen – hinsichtlich der stilistischen Ausrichtung sind da keine Grenzen gesetzt. Dass diese Form der Gebrauchsmusik jedoch keine natürliche Entwicklung nahm, sondern gewissermaßen am Reißbrett entstand, ist heute wohl den wenigsten Liebhabern wie auch erklärten Gegnern dieser Klänge bekannt.
Die Intention der Hintergrundmusik liegt in der menschlichen Psyche begründet und führt wieder auf das namensgebende vertikale Fortbewegungsmittel zurück. Erstmals im Jahr 1936 wurde nämlich in New Yorker Aufzügen Musik eingesetzt, die möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte und zeitgleich den Menschen die Angst vor der zu überwindenden Höhe nehmen sollte. Eigens für diese Form der Hintergrundbeschallung hatte der US-amerikanische General George Owen Squier zwei Jahre zuvor die Firma Muzak Inc. mit dem Ziel gegründet, die Befindlichkeit von Menschen in öffentlichen Räumen durch Hintergrundbeschallung zu optimieren.
Von Wandbehängen und Tapeten inspiriert: Hintergrundmusik
Doch Squiers Idee war nicht neu. Der französische Komponist Erik Satie hatte bereits ab 1917 mit seiner „Musique d’ameublement“ (Dt. „Möbelmusik“) Werke erschaffen, die laut seiner Aussagen „Vibrationen erzeugen, ohne einen anderen Zweck zu haben. Sie erfüllen dieselbe Rolle wie das Licht, die Wärme und der Komfort in allen Varianten“. Er ließ sich dabei von Tapetenmustern, Textilien oder Fliesen inspirieren, wie Werktitel wie „Tenture de cabinet préfectoral“ (Dt. Wandbehang für ein Chefbüro) unschwer erkennen lassen. Trotz des Spotts, den Satie für seine Kompositionen erntete, inspirierte er auch nachfolgende Musikergenerationen mit seinem Konzept. So auch den britischen Musiker und Musikproduzenten Brian Eno, der den Begriff der Ambient Music nachhaltig prägte und 1978 mit seinem Album „Ambient 1: Music for Airports“ eine Klanginstallation präsentierte, die der Hektik an Flughafenterminals entgegenwirken sollte.
Das Musikfeuilleton von Deutschlandfunk Kultur geht in der Sendung „Musik zum Weghören – 85 Jahre Fahrstuhlmusik“ den Ursprüngen und heutigen Auswüchsen der Hintergrundmusik nach und erforscht deren Ästhetik als Gegenentwurf zum bürgerlichen Konzept der Kunstmusik.
concerti-Tipp:
Musik zum Weghören – 85 Jahre Fahrstuhlmusik
So. 13.1.2019, 20:00 Uhr
Deutschlandfunk Kultur