Monatelang hat man es beschworen und sich vor ihm gefürchtet, nun ist es da: das vermeintliche Schreckgespenst einer zweiten Coronawelle. Während uns die erste Welle in vielerlei Hinsicht unvorbereitet traf und die Maßnahmen großflächiger Lockdowns im Rückblick wenig überzeugend scheinen, sollte die Politik aus diesen Fehlern und inzwischen vorliegenden Studien zu den Verbreitungswegen von Covid-19 gelernt haben. Viele Kulturvertreter fürchten allerdings, dass dem nicht so ist, und die politischen Entscheidungsträger mit undifferenzierten aktionistischen Maßnahmen abermals die Kulturbetriebe zum Erliegen bringen werden – obwohl deren Schutzkonzepte sich nachweislich bewährt haben.
Auch ein Mini-Lockdown ist existenzbedrohend
So haben sich acht Vertreterinnen und Vertreter der Basler Orchester und das Stadtcasino Basel mit einem Appell an die Regierungs- und Großräte gewandt, „alles zu tun, damit wir den Konzertbetrieb aufrechterhalten können“, denn ein zweiter Lockdown, „selbst wenn es sich um einen Mini-Lockdown (Circuit-Break) handelt, bedeutet für alle Klangkörper und Veranstalter der Stadt Basel sowie für das Stadtcasino Basel eine massive Existenzbedrohung. Erfahrungen von Konzertveranstaltern in anderen Städten haben gezeigt, dass Absagen von ganzen Konzertreihen einen irreversiblen Schaden auf das Konzertpublikum auslösen.“
Zu Hause ist es am gefährlichsten
Mit ihrer Forderung berufen sich die Unterzeichner des Offenen Briefs auf eine Studie der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, aus der hervorgeht, dass im Zeitraum vom 24. September bis 7. Oktober keine einzige Infektion nachweislich in einem Konzert-, Theater- oder Kinosaal stattgefunden hat und die weitaus größte Gefahrenzone für eine Ansteckung mit dem Coronavirus der eigene Haushalt ist. „Maskenpflicht und die moderne Belüftungsanlage gewährleisten neben weiteren Maßnahmen des Schutzkonzepts ein hohes Maß an Sicherheit.“
Undifferenzierte Schutzmaßnahmen sind ein stumpfes Schwert
Ein hohes Maß an Sicherheit sieht auch der Deutsche Musikrat in Theater-, Opern- und Konzerthäusern gewährleistet. Daher wendet sich auch Generalsekretär Prof. Christian Höppner mit einem eindringlichen Appell an die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder, „ihre morgigen Beratungen in Bezug auf das Kulturleben mit Augenmaß zu führen und keine weiteren Einschränkungen für Kulturorte mit bewährten Hygienekonzepten zu beschließen“, wohingegen „das stumpfe Schwert undifferenzierter Schutzmaßnahmen“, wie es derzeit in Bayern zum Einsatz komme, nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspreche und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt gravierend schade. Gemeint ist der Beschluss von Ministerpräsident Markus Söder, auch größere Veranstaltungsräume wie die Staatsoper nur noch für maximal 50 Menschen zu öffnen, obwohl der Praxistest gezeigt habe, dass das Infektionsrisiko auch bei 500 Zuschauenden nicht signifikant größer sei.