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Nach Skandal: Daniel Barenboim gibt ECHO zurück

Rückgabewelle reißt nicht ab

Pianist Daniel Barenboim gibt als Reaktion auf den ECHO-Skandal seine Auszeichnung zurück. Auch die Staatskapelle Berlin und das West-Eastern Divan Orchestra schließen sich dem Protest gegen die Preisvergabe an Farid Bang und Kollegah an

vonNinja Anderlohr-Hepp,

Kein Thema hat die Musikbranche in den letzten Tagen mehr umgetrieben als die Diskussion über die Vergabe des ECHO an die Rapper Farid Bang und Kollegah. Die Musiker hatten am 12. April 2018 die Auszeichnung in der Kategorie „Hip-Hop/Urban National“ für ihr Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ entgegen nehmen dürfen. Bereits im Vorfeld der Verleihung war Kritik an der Nominierung laut geworden; Hintergrund der Diskussion sind Textzeilen wie „Mein Körper definierter als von Ausschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal `nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow“.

Als Reaktion auf die Preisverleihung gaben einige Künstler ihre Auszeichnungen zurück. So startete im Klassikbereich am 16. April das junge Notos Quartett eine regelrechte Rückgabe-Welle und beschrieb den ECHO als einen Preis, der „offenen Rassismus toleriert, ihm gar eine Plattform bietet und ihn auszeichnet.“ Als „vollkommen verantwortungslosen, unfassbaren Fehltritt“ bezeichnete Pianist Igor Levit die Juryentscheidung. Auch Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden entschieden sich, ihre Preise abzugeben: „Kunstfreiheit und das künstlerische Mittel der Provokation entbinden zu keiner Zeit von Verantwortung und den Regeln des guten Geschmackes. Das betrifft die Künstler, hier jedoch auch die Verleiher des ECHO-Preises“, heißt es in der Erklärung aus Dresden.

Daniel Barenboim: „Wir müssen uns geschlossen gegen solche Stimmen erheben“

Nun meldet sich auch Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatkapelle Berlin, Initiator des Boulez Saals und Gründer des West-Eastern Divan Orchestra sowie der Barenboim-Said Akademie zu Wort: „Ich habe die Diskussion um die ECHO-Auszeichnung für ein Rap-Album, dessen Texte eindeutig als antisemitisch, frauenfeindlich, homophob und allgemein menschenverachtend zu charakterisieren sind, mit großer Bestürzung verfolgt. Als Jude, der seit vielen Jahren gerne in Deutschland lebt und Freiheit in der Kunst als ein hohes Gut ansieht, hat mich die Debatte besonders beschäftigt und ich habe auch abgewartet, ob seitens der Verantwortlichen eine adäquate Reaktion hierauf erfolgen wird. Meinungsfreiheit und Freiheit in der Kunst gehören zu den wichtigsten Errungenschaften und Werten einer demokratischen und offenen Gesellschaft. Mit jeder Freiheit kommt aber auch eine Verantwortung: unsere Verantwortung, die errungenen Freiheiten so zu nutzen, dass auch die Freiheit eines jeden anderen Menschen und Andersdenkenden bestehen kann – ebenso wie die Verantwortung, andere Menschen in ihrer Würde zu achten und zu respektieren.“

Weiter heißt es: „Diese Überzeugung ist seit vielen Jahren Kern meines Denkens als Mensch und meiner Arbeit als Künstler. Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und die offene Verachtung von vermeintlich Schwächeren und Minderheiten sind ein Missbrauch von Freiheit, den wir als Gesellschaft niemals tolerieren dürfen. Wir müssen uns geschlossen gegen solche Stimmen erheben und dürfen sie nicht auch noch dadurch bestärken, dass wir sie mit Preisen auszeichnen und dadurch legitimieren. Im Gegenteil, wir müssen heute mehr denn je für Menschlichkeit, gegenseitige Achtung und Empathie kämpfen. In diesem Geist habe ich mich, gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra, entschieden, unsere Auszeichnungen geschlossen zurück zu geben. Kommerzielle Interessen dürfen nicht überwiegen, wenn es um so essenzielle Fragen des Anstands und unserer Menschlichkeit geht.“

Die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), hatte am 17. April im Namen des Vorstandsvorsitzenden Dr. Florian Drücke Maßnahmen angekündigt und folgendes Statement veröffentlich: „Wir haben hier einen Fehler begangen. Als Konsequenz werden wir den Preis, den ECHO, komplett überarbeiten.“

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