„Dr. Mabuse“, „Metropolis“, „Der blaue Engel“, „Die Drei von der Tankstelle“ – alles Klassiker der deutschen Filmgeschichte, die jeder schon mindestens einmal gesehen hat. Doch neben Heinz Rühmann, Lilian Harvey, Marlene Dietrich oder Willy Fritsch spielte in diesen Streifen jemand anderes eine wichtige Rolle: Das Deutsche Filmorchester Babelsberg. Bis heute hat der Klangkörper, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, an über 220 Filmmusikproduktionen mitgewirkt.
Doch nun steht das Traditionsensemble vor dem Aus: Eine Baustelle auf dem Babelsberger Studiogelände macht Tonaufnahmen für das Orchester unmöglich. Der Baulärm sei derart signifikant, so Intendant Klaus-Peter Beyer, dass aus Gründen der Seriosität keine Kunden mehr ernsthaft angesprochen und Aufträge angenommen werden könnten. Das Orchester sei zum Aufgeben gezwungen, da die Haupteinnahmequelle wegfalle. Beyer gab außerdem an, dass allen 66 Musikern gekündigt werden müsse. Die Konzerte bis Jahresende würden wie geplant weiterlaufen, aber die Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse stünden außer Frage.
Keine Ausweichmöglichkeit
Eineinhalb Jahre sollen die Bauarbeiten andauern, eine Ausweichmöglichkeit in andere Tonstudios ist für das Orchester nicht möglich. Auch sind die Örtlichkeiten in Babelsberg perfekt auf die Anforderungen von Filmmusikproduktionen abgestimmt. Die Bauarbeiten, die am 1. August beginnen sollen und die Tiefbauarbeiten für einen Bürokomplex mit bis zu fünf Etagen und einer Tiefgarage beinhalten, würden die sensible Aufnahmetechnik im Saal stören. Dem Bauunternehmen könne man jedoch keinen Vorwurf machen, so Beyer. Die Bauträgergesellschaft KW Development hatte angeboten, spezielle Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen, um dem Orchester die weitere Arbeit zu ermöglichen. Diese seinen löblich, so Intendant Beyer, hätten jedoch ihre Grenzen.
Einnahmeeinbußen von 60 Prozent
Der Gesamtetat des Orchesters beläuft sich auf 3,5 Millionen Euro. Davon werden 1,7 Millionen Euro vom Land Brandenburg als Förderung beigesteuert, den Rest muss das Orchester selbst erwirtschaften. Allein 60 Prozent der Einnahmen bestreitet der Klangkörper durch Aufnahmen – ein Anteil, der durch den Wegfall der Aufnahmemöglichkeiten ein Loch in den Etat reißt, das unmöglich zu stopfen ist.
Auch die Stadt Potsdam meldete sich zwischenzeitlich zu Wort. Man habe mit Bedauern “von der Ankündigung des Intendanten des Deutschen Filmorchesters Babelsberg erfahren, keine weiteren Aufträge mehr anzunehmen und Mitarbeiter zu entlassen.” Man hoffe jedoch, dass damit noch nicht das letzte Wort gesprochen sei, sagte Baudezernent Bernd Rubelt. Am Montag erklärte außerdem Kirsten Niehuus, Geschäftsführerin der Medienboard Filmförderung Berlin-Brandenburg, dass es äußerst bedauerlich wäre, “wenn das traditionsreiche Filmorchester Babelsberg seinen Betrieb wegen Bauarbeiten einstellen müsste. Ich hoffe, dass noch ein Kompromiss gefunden werden kann.“
Das Deutsche Filmorchester Babelsberg mit dem „Star Wars Main Title Theme“: