Opernvorstellungen für Kinder und Jugendliche sind längst keine Seltenheit mehr. Im Gegenteil: Viele Häuser bemühen sich heutzutage mehr denn je darum, mit kreativen Formaten und bunten Programmen auch die Jüngsten an das Musiktheater-Genre heranzuführen. Verständlich, denn bestenfalls sichert man sich so das Publikum der Zukunft. Vor zwanzig Jahren hat auch die Staatsoper Hamburg mit der opera piccola ein ganz besonderes Projekt für Junge Leute auf die Beine gestellt, das sich vor allem in einem Punkt von den meisten anderen Vermittlungsprojekten unterscheidet: „Fast jedes Haus bietet heute Kinder- und Jugendopern an“, erklärt Dramaturgin Janina Zell, die die Produktionen der Hamburger opera piccola seit Jahren begleitet. „Aber bei den meisten heißt Kinderoper: Oper für Kinder. In der opera piccola wird dagegen Oper von Kindern für Kinder gemacht.“
Neu ist die Idee nicht. Mozart komponierte mit elf Jahren ein jugendlich besetztes Bühnenwerk für eine Schulaufführung. Dennoch bildete diese Konzeption lange Zeit eine Lücke in der Kinderopernlandschaft, die man in Hamburg 2002 mit der Gründung der opera picccola schloss. Jahr für Jahr bewerben sich etwa hundert Kinder und Jugendliche für die jährlichen Produktionen. „Die Altersgrenze wird je nach Stück angepasst“, berichtet Janina Zell. Bei Andrew Normans „Die Reise zum Mond“, dem aktuellen Projekt der opera piccola, ziehe sich die Spanne von acht bis achtzehn Jahren, aber „grundsätzlich ist da noch etwas Luft nach oben und unten gegeben“, so Zell.
In der opera piccola werden Kinder und Jugendliche Teil einer großen Opernproduktion
Während der letzten Jahre hat sich die opera piccola weiterentwickelt. Nicht nur, dass der Aufführungsort vom Kampnagel-Gelände in die Blackbox der opera stabile wechselte. Mit Georges Delnon als neuem Intendanten haben sich ab 2015 auch die Strukturen gewandelt. Seither werden die ursprünglich aus einem reinen Kinder- und Jugend-Cast bestehenden Opernprojekte von professionellen Mitgliedern des Hamburger Opernensembles und -studios sowie Mitgliedern des Philharmonischen Staatsorchesters unterstützt. So bekommen die Kinder und Jugendlichen noch mehr das Gefühl, Teil einer „echten“ großen Opernproduktion zu sein, und es entsteht eine künstlerische Symbiose, die keine Altersunterschiede kennt, aus der zudem Jung und Alt gleichermaßen viel lernen und profitieren können.
Haken bei der Sache sei lediglich das Repertoire, für dessen Auswahl u. a. auch Janina Zell zuständig ist: „Es ist gar nicht so leicht, für diese spezielle Mischbesetzung aus großen und kleinen Sängerinnen und Sängern geeignete Stücke zu finden“, sagt sie. Die meisten Werke seien entweder nur für Kinder oder nur für Erwachsene, selten jedoch für beide zusammen komponiert. Da ist dann Kreativität gefragt, was wiederum für bunte Abwechslung sorgt: Spezielle Kinderopern wie Benjamin Brittens „Der kleine Schornsteinfeger“ oder Märchenopern wie „Schneewittchen“ standen bereits ebenso auf dem Spielplan der opera piccola wie eigens neukomponierte Uraufführungen oder angepasste Bearbeitungen von Klassikern, etwa der „Zauberflöte“.
Inszeniert werden die Produktionen zwar stets von Erwachsenen. Aber sobald die Kinder sich erst einmal Hals über Kopf ins Abenteuer Opernbühne gestürzt haben, seien sie nicht mehr zu bremsen, und bringen ihre szenischen Ideen mit ein, „dass es nur so sprudelt“, schwärmt Zell. „Die Kinder legen eine wahnsinnige Energie, Enthusiasmus und so viel Fantasie an den Tag.“ Da kann sich sicherlich nicht nur das junge Publikum, sondern auch der ein oder andere erwachsene Bühnenprofi durchaus inspirieren lassen.