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„Antikrist“ an der Deutschen Oper

Traktiert von der eigenen Schlechtigkeit

In der Kirchenoper „Antikrist“ des Dänen Rued Langgaard treibt der Teufel sein Umwesen.

vonChristian Schmidt,

Nur selten taucht in unseren Breiten das gleichwohl umfangreiche Werk dänischer Komponisten auf. Bekannt ist neben Friedrich Kuhlau oder Niels Wilhelm Gade besonders Carl Nielsen, der in Kopenhagen eine Art Nationalheiliger ist und hierzulande vor allem in Herbert Blomstedt einen prominenten Fürsprecher hat. Rued Langgaard dagegen, 1893 geboren, dürfte selbst den eingefleischten Musikkennern eher unbekannt sein. Der stark religiös geprägte Musiker stand zeit seines Lebens im Schatten Nielsens und litt darunter sehr.

Seine allegorische Oper „Antikrist“ aus den Jahren 1921 bis 1923 wurde an den dänischen Theatertempeln mehrfach abgelehnt, was dem ohnehin unterentwickelten Selbstbewusstsein des Organisten und Komponisten kaum zuträglich gewesen sein dürfte. Erst 1999 wagte das Tiroler Landestheater die szenische Uraufführung, nachdem bereits in den achtziger Jahren eine Aufnahme in Dänemark zustande gekommen war. 2018 kam das Stück in Mainz heraus und galt den Kritikern als „Entdeckung des Jahres“. Die Deutsche Oper wollte „Antikrist“ bereits im Pandemiejahr zur Aufführung bringen, was sie nun Ende Januar nachholt.

Humanistische Ekstase statt apokalyptischer Vernichtung

Mit einem ungewöhnlich hohen Anteil rein instrumentaler Musik beschreibt Langgaard weniger eine dramatische Szenerie, sondern überlässt die eigentliche Geschichte den Regieanweisungen. Auf Grundlage der biblischen Apokalypse entschließen sich Gott und Luzifer, die materialistische Menschenwelt endgültig zu zerschlagen. Luzifer erscheint auf der Erde als böser Geist, der den inhuman gewordenen Menschen ihre schlechten Charaktereigenschaften spiegelt. Er verursacht Krieg und Zerstörung, so dass der Weltuntergang noch schneller naht. Doch der Glaube bietet Rettung, Gott siegt über Luzifer, und statt apokalyptischer Vernichtung folgt die Apotheose zur humanistischen Ekstase.

Regisseur Ersan Mondtag wagt die Umsetzung des stark symbolistischen Stoffs im eigenen Bühnenbild. Ob die bisweilen ziemlich aufgeplusterten Texte und die überladenen Allegorien dann verständlicher werden, wird das Berliner Publikum für sich entscheiden. Dass die Musik mit ihren vielfältigen Anleihen und dem riesigen Apparat für manchen eine Entdeckung sein dürfte, ist indessen sicher.



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