Das ist doch typisch. Sie lügen, betrügen und stellen ihre Konkurrenz kalt. Immer diese Männer! Und dann muss einer von ihnen auch noch gerettet werden. Von einer Frau. Der Gatte darf zurück in die Freiheit, sie zurück an den Herd. Status quo wieder hergestellt. Immerhin: Der Bösewicht, der seinen Kerker für Feindesentsorgungen missbrauchte, landet hinter Gittern. Die Gerechtigkeit hat gesiegt, die Emanzipation nicht.
Das Beethovenjahr bietet die Chance, die Befreiungsgeschichte neu zu denken. Nämlich aus Sicht der Befreierin Eleonore. Beethovens einzige Oper „Fidelio“, transportiert in die Gegenwart, ist viel komplexer, meint Frauke Meyer. Die Regisseurin kann sich nur an eine einzige Inszenierung erinnern, die die Aktualität des Stoffs mit seiner ganzen Wucht realisierte. Es war im Oktober 1989, unmittelbar vor dem Mauerfall, als „Fidelio“ an der Dresdner Semperoper aufgeführt wurde. „Die Mielitz-Inszenierung hat die damaligen politischen Geschehnisse vorausgeahnt – ein sehr seltenes Zusammentreffen, in welchem die Kunst einen direkten politischen Impact hat“, sagt die gebürtige Dresdnerin.
Uraufführung: „Eleonore – Ich muss nicht glücklich sein“
Nun bringt sie ihre „Fidelio“-Version unter dem Titel „Eleonore – Ich muss nicht glücklich sein“ im Kölner Carlswerk Victoria zur Uraufführung. „Das Fremdsein beschreibt Eleonore in ihrem Kern. Ihr ist ihre Rolle fremd, ihr ist ihr Gatte nach Jahren fremd, ihr ist ein individueller Glücksbegriff fremd – sie ist sich selbst fremd.“ Schaut man sich die etymologische Herkunft des Namens „Eleonore“ an, stößt man auf Erstaunliches: „Der erste Namensbestandteil steht für ‚fremd und anders‘“, erklärt die Regisseurin. Ihre Protagonistin wechselt auf unbekanntes Terrain. Denn sie ist eine Frau von heute. „Sie ist eine Projektion und muss Ansprüche an Familie, Job, Aussehen permanent nach Außen bedienen. Wir erleben, wie sie sich davon löst und mehr nach innen schaut.“