Ein Adonis war der Titan der Klassik nicht, verliebt dafür immer, verheiratet aber nie. Dennoch stimmte Beethoven das Hohelied der Gattenliebe an – in seiner einzigen Oper „Fidelio“. Seine eigenen Liebesbeziehungen aber waren unmögliche, oft scheiterten sie an Standesunterschieden, gern auch daran, dass die von ihm begehrten Damen verheiratet oder seine Klavierschülerinnen waren. Offizielle Nachkommen sind denn auch nicht überliefert, die Vaterschaft zur 1813 geborenen Minona von Stackelberg allerdings gilt als höchst wahrscheinlich. Denn in ihrer Mutter Josephine verehrte Beethoven nach fast einhelliger Expertenmeinung die sagenumwobene „unsterbliche Geliebte“, die der Komponist in einem berühmt gewordenen Brief vom Juli 1812 – just neun Monate vor Minonas Geburt – adressierte und der er in seinem Liedzyklus als „ferne Geliebte“ ein klingendes Denkmal setzte.
Das Kind dieser Liebe aber litt zeitlebens an der ungeklärten Frage der eigenen Identität. Vom offiziellen Vater Christoph Baron von Stackelberg gemeinsam mit ihren Geschwistern der Mutter entrissen und aus Wien nach Reval, die heutige estnische Hauptstadt Tallin, entführt, wurde sie streng pietistisch erzogen. Sie flüchtete in die Innenwelt des Klavierspiels, soll selbst komponiert haben. Viel später entdeckte sie den Briefwechsel zwischen Beethoven und ihrer Mutter. Dabei wurde ihr bewusst, welch leidenschaftliche Liebe da zwischen den beiden bestanden haben muss. Doch war sie als Kind gewollt?
Komponist Jüri Reinvere geht mit „Minona“ auf Spurensuche
Fraglos birgt Minonas Lebensgeschichte den Stoff zur großen Oper. Komponist Jüri Reinvere hat sich vor der Komposition von Minona in Archiven seiner Heimat auf Spurensuche begeben, die zumal die schwierigen Lebensumstände der Titelfigur seiner Oper erhellten. Auf sein eigenes Libretto hat Reinvere eine Handlung über die Hoffnung ersonnen, „die in der Musik beschworen wird, ohne dass sie sich im Leben erfüllt. Es ist die Geschichte von Frauen, die sich neben zwei Männern behaupten müssen, die beide rücksichtslose Rigoristen sind – Beethoven in seinem Idealismus, Stackelberg in seinem Pietismus.“ Regisseur Hendrik Müller ergänzt über seine Konzeption der Uraufführung am Theater Regensburg: „Die Opernfigur Minona hat keine Gewissheiten. Ich stelle in meiner Inszenierung aber ihr Suchen und Sehnen danach ins Zentrum – und lasse sie daran zugrunde gehen. Die Widersprüche bleiben unauflöslich. Das Ungewisse aushalten – das ist unser Auftrag als Menschen wie als Gesellschaft. Wie schwer das ist, hat Beethoven komponiert.“