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„Adonis“ in der Liederhalle Stuttgart

Französischer Stil und deutsche Verse

Il Gusto Barocco würdigt in Stuttgart Kussers Oper „Adonis“ (1700).

vonRoland H. Dippel,

In den streitbaren Johann Sigismund Kusser setzte man am Württembergischen Hof unter Herzog Eberhardt Ludwig großes künstlerisches Vertrauen. Der 1660 in Pressburg geborene und 1727 in Dublin verstorbene Musiker erwarb bei seiner Ausbildung in Paris sogar die Anerkennung von Jean-Baptiste Lully. Nach Tätigkeiten als Kapellmeister und Komponist für die Residenzen Baden-Baden, Ansbach, Braunschweig und für die Hamburger Oper am Gänsemarkt wurde Kusser Hofkapellmeister in Stuttgart. Dort war die Orientierung am französischen Geschmack ein Muss für Repräsentation, Genuss und Bildung. Dazu gehörte natürlich auch eine prächtige Oper im Neuen Lusthaus. Und Kusser sollte dieser mit seinem hohen Kenntnisstand der Szene in Paris und an den Höfen auf die anspruchsvollen Sprünge helfen.

Eine Spezialität der Stuttgarter Residenz war offenbar, dass man dort keine ganz neuen Stücke, sondern Adaptionen favorisierte. Eine von diesen bringen Jörg Halubek und das von ihm auf Entdeckungen aus dem deutschen Kulturraum eingeschworene Ensemble il Gusto Barocco am 4. September in der Stuttgarter Festwoche Barock zur Erstaufführung. Samantha Owens richtete die von ihr in der Württembergischen Landesbibliothek entdeckten Einzelstimmen und ein erhaltenes Particell für die praktische Realisierung ein.

Göttliche Leidenschaften

Kussers deutschsprachige Oper mit vielen kleinzelligen Szenen und Arien folgt dem Libretto von Flaminio Parisetti zu „Gl’Inganni di Cupido“ („Die Betrügereien Cupidos“, Braunschweig 1691). Auch in „Adonis“ geht es um Leidenschaften der olympischen Götter Venus (Ulrike Hofbauer) und Apollo (Nils Wanderer) für die attraktiven Erdenwesen Adonis (Yannick Debus) und Daphne (Nina Bernsteiner). Halubek vereint ein Ensemble von Spezialisten für Graupner, Keiser, Schürmann, Händel und den frühen Telemann. Das sind genau jene Komponisten, auf die Kusser an seinen Wirkungsorten einen beträchtlichen Einfluss ausübte. Die Aufführung von „Adonis“ in der Stuttgarter Liederhalle ist ein Meilenstein für die Auseinandersetzung mit der frühen deutschen Oper an der Schwelle zum 18. Jahrhundert und wird als Mitschnitt die äußerst schmale Kusser-Diskografie um eine veritable Entdeckung bereichern.

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